Schulter und Nacken sind am häufigsten von Muskelverhärtungen betroffen
23. Februar 2022
von PIERRE SCHOBER

Bleib locker

So verhinderst du Muskelverhärtungen

„Da hat der Muskel zugemacht!“ – diesen Satz kennt man nicht nur aus Sportübertragungen. Jeder von uns hat seine Erfahrungen mit unterschiedlichen Muskelverletzungen gemacht. Die Muskelverhärtungen gehören dabei zu den ärgerlichsten, weil vermeidbarsten.

♦ Eine Muskelverhärtung ist kein Muskelkater.
♦ Nacken und Schultern sind am häufigsten von Verhärtungen betroffen. Eine Verhärtung ist aber oft an einer anderen Stelle als der Schmerzpunkt.
♦ Wärme ist oftmals eine erste Hilfe, Kühlung der zweite Schritt.

Du bist top austrainiert, also bekommst du keine Muskelverhärtung. So einfach ist das nicht. Auch Leistungssportler sind davor nicht gefeit. Ursachen für eine Verhärtung gibt es mehr als genug – und die müssen nicht nur körperlicher Natur sein.

Muskelverhärtung ist kein Muskelkater

Eine Muskelverhärtung hat definitiv nichts mit einem Muskelkater zu tun. Es fängt schon einmal damit an, dass eine Muskelverhärtung in der Regel schon während der Einheit auftritt und ein Muskelkater erst einige Stunden später. Ein Muskelkater tritt darüber hinaus für gewöhnlich durch ungewohnte neue Reize ein. Oft ist er auch, vereinfacht gesagt, das Resultat einer Überbelastung, was ja im Prinzip auch nichts anderes als ein neuer Reiz ist.

Der Muskelkater ist dabei auch meistens schnell Geschichte, wohingegen eine Verhärtung sogar chronisch werden kann! Das ist aber eher die Ausnahme. Meistens ist diese innerhalb weniger Minuten – wie bei einem Krampf – oder Stunden wieder vorbei. Eine Muskelverhärtung über mehrere Tage ist eher die Ausnahme.

Dabei sollte man auch nicht den Fehler machen, dies mit einer Verspannung zu verwechseln. Diese tritt zum einen am häufigsten im Nacken- und Schulterbereich auf und zum anderen führt eine Muskelverspannung zu einer Muskelverhärtung. Eine Zerrung hingegen ist die Folge einer Überdehnung des Muskelgewebes.

Fehlhaltungen und Überlastungen sind die häufigsten Ursachen für Verhärtungen

Die Ursachen für Verhärtungen hängen oft mit Überbelastungen zusammen. Dies trifft besonders bei Armen und Beinen zu. Am Rücken ist dies eher auf Fehlhaltungen, beispielsweise am Schreibtisch, zurückzuführen – gerne in Kombination mit fehlender Bewegung.

Auch geübte Jogger sind schon einmal von einer Verhärtung überrascht worden. Dafür reicht es manchmal schon, dass du dich nicht ausreichend aufgewärmt hast. Die Muskulatur ist dann nicht ausreichend durchblutet und wird nicht genügend mit Nährstoffen versorgt. Auch mangelhafte Ernährung oder ein Infekt in den Tagen zuvor können die Gründe sein. Dann kann es dazu kommen, dass dein Körper eine Anspannung nicht mehr lösen kann und entsprechend „krampfig“ bleibt.

Auch allgemeine Durchblutungsstörungen führen häufig aus den oben erwähnten Gründen zu entsprechenden Verkrampfungen. Dann hat man zwar grundsätzlich genügend Nährstoffe im Körper, diese gelangen aber nicht in der nötigen Menge an die betroffenen Stellen. Das ist auch bei Schädigungen der Nerven möglich. Es ist also nicht zwingend das Resultat einer allgemeinen „Unfitness“.

Schmerz einer Muskelverhärtung entsteht durch Spannungsveränderung

Der Fachbegriff für eine Muskelverhärtung ist übrigens Mygelose. Wenn wir weiter ins Detail gehen, können wir die Entstehung so erklären: Bei der Anspannung des Muskels drücken sich die Kapillaren, die Verzweigungen der Blutgefäße, zusammen. Das schränkt die Durchblutung ein. Deshalb sollten wir nach einer Anspannung auch immer entspannen. Wird dieser Prozess der An- und Entspannung nun aber gestört, führt dies zu Entzündungen der Muskelfasern. Der Muskel wird dick und tut weh. Ein weiterer Unterschied zum Muskelkater ist also, dass hier der Schmerz nicht durch eine Längenveränderung, sondern durch eine Spannungsveränderung ausgelöst wird.

Je nach Belastung treten Verhärtungen an unterschiedlichen Partien des Körpers auf. Läufer haben öfter Probleme in den Waden, Fußballer in der (rückwärtigen) Oberschenkelmuskulatur. Sportler, die eher Rückschlagsportarten betreiben, haben diese Probleme eher in der Armmuskulatur. Über die „Schreibtischtäter“ haben wir ja schon gesprochen.

Reden wir von Nährstoffmangel oder durch Elektrolytverschiebungen verursachte Verhärtungen, ist der Magnesiummangel die wohl bekannteste Ursache. Viele Hobby- und Leistungssportler pimpen daher gern ihre Drinks mit Magnesiumpulver oder -tabletten. Allerdings sollte man im Vorfeld eine ausreichende Versorgung sicherstellen. Allerdings sollte man es da nicht übertreiben. Es kann nämlich auch zu einer Überdosierung kommen, die unangenehme Folgen haben kann. Es sollte reichen, wenn man über den Tag verteilt ausreichend trinkt.

Schmerzen treten nicht immer da auf, wo die Verhärtung ist

Das Fiese bei Muskelverhärtungen ist, dass oft nicht nur die eigentlich betroffene Stelle schmerzt. Vom Rücken strahlt eine Verhärtung in den Nacken oder die Schultern aus. Das ist natürlich extrem unangenehm. Daher ist es besonders für Leute, die am Schreibtisch arbeiten, wichtig, sich zwischendurch immer mal wieder zu bewegen und zu dehnen.

Die Ursachen kannst du teilweise relativ leicht herausfinden. Ist eine Durchblutungsstörung der Grund, fällt dies dadurch auf, dass die Haut an der Stelle blasser ist. Sind die Nerven involviert, kann es vorkommen, dass die betroffenen Körperpartien „taub“ sind.

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Muskelverhärtungen haben jedoch manchmal nicht nur Folgen für die betroffenen Körperregionen oder die die darum herum liegen – besonders wenn die Nerven betroffen sind. So kann eine Verhärtung im Nackenbereich sogar zu Symptomen ähnlich eines Tennisarms führen. Dein Körper ist crazy. Dabei ist die Verhärtung nicht nur schmerzhaft, sondern führt unter Umständen auch zu Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder sogar Veränderungen der Körperhaltung.

Dennoch stellt sich natürlich auch die Frage: Wie soll ich eine Muskelverhärtung behandeln? Erste Hilfe bringt Wärme. Das geht ganz easy auf drei Wegen.

– Ein Kirschkernkissen. Kostet nicht viel, bekommst du in jeder Apotheke. Einfach kurz in die Mikrowelle und dann auf die schmerzende Stelle. Tut gut und macht die Muskeln wieder geschmeidig.
– Wärmepflaster. Das ist nicht jedermanns/jederfraus Sache. Besonders bei Männern, deren Körperregionen etwas mehr Haarpracht besitzen. Dazu bringt es nichts, die Pflaster nur ein paar Minuten anzuwenden. Viele möchten ein Pflaster auch nicht über Nacht auf der Haut lassen. Tritt die Verhärtung nach einer späten Einheit auf, wartet man lieber bis zum nächsten Morgen.
– Ein heißes Bad. Es hört sich so banal an, aber manchmal reicht das schon. Gern kann man das natürlich auch mit einem (oder zwei oder drei) Saunagängen verbinden. Tut gut, macht Spaß.

Wärme hat halt den Effekt – wir erinnern uns an den Physikunterricht in der 5. Klasse –, dass dadurch Dinge geweitet werden. Das trifft auch auf die Blutkanäle zu. So fließt es wieder und der Stoffwechsel wird auch noch angekurbelt. Aber: Der Effekt verfliegt natürlich auch schnell wieder und ist mehr als eine Art „Erste Hilfe“ zu sehen.

Auf Wärme folgte Kühlung

Der zweite Schritt wäre dann Kühlung. Das funktioniert mit Kühlpacks und auch Salben. Auch ein Kompressionsverband sorgt für Abhilfe. Bringt das alles nichts, spricht auch nichts gegen eine Schmerztablette.

Speziell für Ausdauer- und Fitnesssportler empfiehlt es sich auch, die sogenannte Pferdesalbe im Haus zu haben – besonders bei hartnäckigeren und schmerzhaften Verhärtungen. Diese Salbe wurde tatsächlich für Pferde entwickelt, ist aber seit Jahrzehnten in der Humanmedizin gängig.

Der kühlende Effekt der Salbe blockiert den Schmerz und sorgt für eine Eingrenzung des schmerzenden Bereichs. Auch die Durchblutung der entsprechenden Region wird entsprechend gefördert. Hinzu kommt eine entzündungshemmende Wirkung. Es empfiehlt sich allerdings die Salbe mit entsprechenden Handschuhen aufzutragen, um zu verhindern, dass man die Salbenreste versehentlich ins Auge oder in die Nase bekommt, wenn man sich kratzt.

Bei tiefergehende Verhärtungen zum Arzt, Heilpraktiker oder Chiropraktiker

Ist die Verhärtung hartnäckiger, muss man natürlich über die Hausapotheke hinausdenken. Man muss für Akupunktur nicht direkt zum Heilpraktiker gehen. Auch eine Stoßwellentherapie wird bei vielen Orthopäden angeboten. Eine Mesotherapie hingegen ist schon etwas spezieller und – warum auch immer – etwas aus der Mode gekommen. Wird aber noch von Chiro- und Heilpraktikern angeboten. Auch Cupping oder auf Deutsch Schröpfen ist ein Weg, die harten Stellen wieder weich zu bekommen. Diese Sachen gehören zum Handwerk und haben daher auch ihren Preis. Aber: Es lohnt sich.

Es ist aber prinzipiell relativ easy, einer Verhärtung vorzubeugen. Ganz wichtig: Aufwärmen! Lässt du das Warm-up ganz weg oder betreibst es nicht ernsthaft, läufst du Gefahr, „hart“ zu werden oder dich sogar schwerer zu verletzen. Auch Dehnen und Stretching gehören dazu. Das wird – so ungerecht das auch ist – mit zunehmendem Alter immer wichtiger.

Eine Faszienrolle im Haus ist ein Segen bei Muskelverhärtungen

Wer seine Muskulatur locker machen oder halten will, sollte auch darüber nachdenken, in eine Faszienrolle oder einen Faszienball zu investieren. Damit kannst du vorbeugen, aber auch wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, dich wieder locker machen. Notfalls läuft das mit einem Tennisball. Selbstverständlich kannst du auch zum Masseur gehen. Hängt natürlich alles von der Schwere der Verhärtung ab.

Eine Muskelverhärtung muss dich dann auch nicht von einer Einheit abhalten. „Rauslaufen“ funktioniert eher bei einer Zerrung als bei einer Verhärtung. Aber „nur“, weil deine Wade hart ist, heißt das nicht, dass du den Upper Body nicht trainieren kannst und andersrum. Ein Legday geht auch, wenn der Bizeps ungewollt hart ist.

Muskelverhärtungen sind also erst mal nicht schlimm, so unangenehm und lästig sie auch sind. Man sollte sie aber, besonders wenn sie häufiger auftreten, nicht einfach ignorieren, sondern behandeln. Das Gute dabei: Die Behandlungsmöglichkeiten sind unfassbar vielfältig. Treten Verhärtungen chronisch auf, solltest du aber unbedingt einen Arzt aufsuchen. Schließlich haben wir nur einen Körper und den wollen wir im Idealfall unser ganzes Leben nutzen.

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