Dank unserer Übungen bleibst du beim Ausführen von Klimmzügen bei der Stange
10. Oktober 2022
von Franziska Schindler

Nicht von der Hand zu weisen

Bessere Griffkraft sorgt für mehr Muskeln

Du hängst an der Klimmzugstange, dein Rücken ist noch lange nicht müde, aber du kannst dich einfach nicht mehr halten? Eine geringe Griffkraft limitiert dein Training enorm. Wir verraten dir, wie du sie verbesserst und welche Hilfsmittel wirklich sinnvoll sind.

  • Für einen besseren Griff ist es wichtig, Hantel- und Klimmzugstangen mit neutralen Handgelenken zu umgreifen und deine Haltekraft mithilfe geeigneter Übungen (Dead Hang, Farmer’s Walk, Zottman Curl) zu steigern
  • Wrist Trainer und Fingerhanteln, sowie Zughilfen und Trainingshandschuhe verbessern deine Performance im Gym nicht, Kreide und der Kreuzgriff hingegen sogen für mehr Grip
  • Sportlerinnen und Sportler mit kleinen Händen haben häufiger Probleme, aber glücklicherweise können sie ihre Haltekraft mit kontinuierlichem Training in den Griff bekommen

Definition und Arten der Griffkraft

Was man unter Griffkraft versteht, liegt auf der Hand: das Vermögen, zuzugreifen und etwas zu halten. Aber Griffkraft ist nicht gleich Griffkraft! Es gibt fünf verschiedene Arten, mit denen du Kraft aus Händen und Handgelenken ausüben kannst.

1. Crushing Grip (Quetschende Griffkraft)
2. Wrist Strength (Kraft aus dem Handgelenk)
3. Pinching (Kraft aus dem Daumen)
4. Individual Finger Strength (Kraft aus den Fingern)
5. Support Grip (Haltekraft über längere Zeit)

Im Gym ist vor allem die Haltekraft relevant. Du brauchst sie insbesondere an Pull-Days, wenn du Zugbewegungen ausführst. Klimmzüge, Latzug, Kreuzheben, Lang- und Kurzhantel-Rudern, sowie alle weiteren Ruderbewegungen verlangen dir starke Unterarme ergo eine enorme Haltekraft ab. Wie also kannst du sie verbessern?

Lerne, richtig zu greifen

Noch bevor du anfängst, deine Griffkraft im Gym zu verbessern, solltest du einen Blick auf deine Hände werfen. Hinter mangelnder Haltekraft kann durchaus die falsche Technik stecken. Wenn du die Hantel beim Kreuzheben und Rudern oder die Stange beim Klimmzug umfasst, sollten deine Hände stets die Verlängerung deiner Unterarme bilden.

Das bewahrt zum einen deine Handgelenke vor der Überdehnung und schont sie. Zum anderen befindet sich auf diese Weise die Öffnung deiner Finger am idealen Punkt – je nach Übung oberhalb oder unterhalb der Stange. Das sorgt dafür, dass dein Griff den Zugkräften länger standhalten kann – deine Finger gehen später auf. Mit ein wenig Training kannst du diesen Zeitpunkt noch weiter hinauszögern.

Drei Übungen für mehr Griffkraft

Mit den folgenden Übungen kannst du deine Griffkraft kontinuierlich verbessern, um deinen Pull-Day aufs nächste Level zu bringen. Mach sie am besten im Anschluss an dein reguläres Workout. So werden deine restlichen Trainingserfolge nicht behindert.

Dead Hang: Lass dich nicht hängen, wenn deine Griffkraft zu wünschen übrig lässt – diese Übung ist eine Ausnahme! Beim „Dead Hang“ umgreifst du eine Klimmzugstange mit beiden Händen im Obergriff (Handflächen zeigen nach vorne) und hältst dich mit ausgestreckten Armen einfach „nur“ fest. Das Set ist beendet, wenn dein Griff aufgeht. Nach einer kurzen Pause (ein bis zwei Minuten) wiederholst du den „Toten Hang“ zwei bis drei weitere Male. Fortgeschrittene führen ihn einhändig aus.
Pluspunkt: Dead Hangs dehnen nebenbei Rücken, Arme und Schultern.

Farmer’s Walk: Er gehört zu den „Loaded Carries“-Übungen und genauso führst du den Farmer’s Walk auch aus. Schnapp dir zwei Kurzhanteln oder Kettlebells und halte sie mit geradem Rücken an deinen Körperseiten. Trag deine Gewichte nun für eine festgelegte Zeit beziehungsweise Strecke oder solange du kannst durchs Gym. Hauptsache, du steigerst dich von Einheit zu Einheit.

Sofern du nicht wirklich ein Farmer mit eigenem Feld bist, musst du für deinen Walk wahrscheinlich mehrmals im Gym auf und ab gehen. Aber das lohnt sich: Mit der Übung trainierst du nicht nur deine Griffkraft, sondern deinen kompletten Körper. Du stärkst damit insbesondere die Rumpfmuskulatur und stabilisierst die Wirbelsäule.

Zottman Curl: Diese Übung ist nichts anderes als ein klassischer Bizeps-Curl mit Drehung im Handgelenk. Curle deine Kurzhanteln wie gewohnt im Untergriff nach oben. Am höchsten Punkt der Bewegung drehst du deine Handgelenke um 180 Grad, sodass deine Handinnenflächen zum Boden zeigen (Übergriff). Lass die Gewichte nun kontrolliert nach unten und spüre die Spannung in deinen Unterarmen. Mit drei bis vier Sätzen à acht bis zwölf Wiederholungen sind sie bestens bedient.

Fun fact: Die Übung wurde nach George Zottman benannt, einem Strongman aus dem 19. Jahrhundert. Er absolvierte sie mit 23 Kilo, was für diese Art von Curl eine ordentliche Hausnummer ist – dein übliches Bizeps-Curl-Gewicht wird höchstwahrscheinlich zu schwer sein.

Handgelenk-Curls: Du führst sie aus, indem du sie am besten bleiben lässt. Bei einem Handgelenk-Curl übst du eine Menge Stress auf den Mittelnerv („Mediannerv“) aus, der unter anderem für die Bewegung deiner Finger zuständig ist. Bei jeder Wiederholung stauchst du ihn und forcierst nicht zuletzt wegen des Zusatzgewichts Verletzungen. Das Gefährliche daran: Schäden an den Nerven sind langwierig und können sogar irreversibel sein.

Neben Übungen gibt es auch spezielles Equipment, um die Griffkraft zu steigern.

Wie effektiv sind Handtrainer und Wrist-Roller?

Wir haben ihn alle schon einmal gesehen, vielleicht besitzt du sogar einen: den Handtrainer, auch Fingerhantel genannt. Viele erhoffen sich, mit dem kleinen Fitnessgerät brachiale Unterarme zu bekommen. Dabei trainiert er in erster Linie den „Crushing Grip“, also die quetschende Griffkraft. Auch ein Wrist Roller (der zuweilen gern mit einem Stock und einer Schnur nachgebaut wird) zielt nicht auf die Haltekraft ab, welche du für deine Gym-Performance verbessern möchtest – er geht primär auf die Handgelenke („Wirst Strength“). Welche weiteren Kniffe gibt es?

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Hilfreiche und sinnlose Hilfsmittel

Du hast sofort mehr Griffkraft, wenn du Kreide („Chalk“) verwendest. Schwitzige oder schmierige Hände mindern schließlich den Grip. Am praktischsten ist Liquid Chalk aus der Flasche. Beim Deadlift lohnt sich der Einsatz des Kreuzgriffs („Mixed Grip“). Dabei zeigt die eine Handinnenfläche nach oben und die andere nach unten. Allerdings ist dies keine dauerhafte Lösung, weil es zu Dysbalancen kommen kann, sofern du deine Hände nicht abwechselst. Also greif erst darauf zurück, wenn du den regulären Obergriff nicht mehr halten kannst.

Zughilfen („Straps“) sind ein weiteres beliebtes Hilfsmittel, um deine Haltekraft ohne Training sofort zu verbessern. Dabei handelt es sich allerdings nicht um die Lösung des Problems, sondern nur um eine Behandlung der Symptome. Die Hanteln fallen dir nicht mehr so leicht aus den Händen, aber an deiner mangelnden Griffkraft ändert sich damit nach wie vor nichts.

Ähnlich kontraproduktiv sind Trainingshandschuhe. Sie mindern deine Griffkraft, indem sie die Hantelstange dicker machen und du sie somit schlechter umfassen kannst. Solltest du Handschuhe aufgrund von Schweißhänden tragen, greif lieber zu Kreide. Du möchtest damit Schwielen und Schmerzen umgehen? Hornhaut ist die natürliche Reaktion auf den mechanischen Reiz beim Training. Dein Körper wappnet sich damit für anstehende Druckbelastungen. Sobald du also Schwielen in den Handinnenflächen hast, hebst du auch schmerzfrei – betrachte sie doch als Zeichen deiner Bemühungen.

Hilfsmittel hin oder her, was beeinflusst deine Griffkraft im Kern?

Einfluss von Veranlagung und Trainingsniveau

Wenn es bei dir kein Halten mehr gibt, kann das einerseits an deinen körperlichen Voraussetzungen liegen. Je größer du bist, umso größer beziehungsweise breiter sind meist auch deine Hände – und umso länger deine Finger. Du bist also beispielsweise beim Langhantel-Rudern in der Lage, eine größere Oberfläche des Eisens zu umgreifen und hast die Übung somit schon mal besser im Griff.

Frauen sind im Durchschnitt zwölf Zentimeter kleiner als Männer und haben in vielen Fällen kleinere Hände. Aus rein physiologischer Sicht musst du dich als Frau also häufiger mit Griffkraft-Problemen rumschlagen. Doch das sollte dich nicht entmutigen! Andererseits hängt ein starker Griff nämlich auch von deinem Trainingsniveau ab. Sofern du dich an unsere Übungen hältst, spielt deine Anatomie bald eine untergeordnete Rolle.

Wenn dir die Hanteln früher aus den Händen fallen als dir lieb ist, solltest du etwas daran ändern – nur so schöpfst du das volle Potenzial aus dem Zielmuskel aus. Aber halt! Deine Griffkraft mit Zughilfen und Trainingshandschuhen zu verbessern, ist keine gute Idee. Anstatt an den Symptomen zu arbeiten, solltest du lieber das Problem lösen. Genauso wie beim Muskelaufbau, erreichst du auch in Sachen Griffkraft Erfolge durch kontinuierliches Training – das ist nicht von der Hand zu weisen.