Muskelschlingen sind wie eine Art Flaschenzug – um sie zu trainieren, brauchst du bekannte Übungen bloß ein wenig abzuändern
20. April 2022
von Franziska Schindler

Mehr als Pumpen

Trainiere deine Muskelschlingen

Sie durchziehen deinen gesamten Körper, aber trotzdem hast du wahrscheinlich noch nie von ihnen gehört: Die Rede ist von Muskelschlingen. Bei uns erfährst du, worum es sich dabei handelt und warum du ihr unausgeschöpftes Potenzial nutzen solltest.

  • Muskelschlingen verbinden Muskeln miteinander, indem sie sich selbst bei einfachsten Bewegungsabläufen zusammenschließen – Krafttraining inbegriffen.
  • Das Training der Muskelschlingen sorgt nicht nur für eine bessere Leistungsfähigkeit im Alltag, sondern verhilft dir zu mehr Kraft, Athletik und Koordination im Gym.
  • Vier Schlingen-Systeme sind besonders relevant – du sprichst sie mit Varianten der Übungen Kettlebell-Swing, Romanian Deadlift, Beinbeugen und Step-ups an.

Was sind Muskelschlingen?

Muskelschlingen verbinden die beteiligten Muskeln einer Bewegung, indem sie sich in Kombinationen zusammenschließen. Sie fungieren wie eine Art Flaschenzug, der sich durch deinen Körper zieht. Das ermöglicht es den entsprechenden Muskeln, die Hauptarbeit zu leisten. Je nach Bewegung wirken Muskelschlingen streckend, beugend oder fixierend auf ein oder mehrere Gelenke ein. Sie werden daher nach ihrer Funktionsweise unterschieden. Die einen lösen statische und rotatorische Bewegungsabläufe aus, andere kommen bei Streck- oder Beugebewegungen zum Einsatz.

Muskelschlingen schließen sich selbst bei einfachsten Bewegungsabläufen zusammen. Daher versteht es sich von selbst, dass sie auch beim Krafttraining aktiv sind. Warum solltest du sie nun stärken?

Gründe für das Training der Muskelschlingen

Viel zu oft optimieren wir unsere Körper fürs Gym und die Optik: Womit schaffe ich mehr Gewicht beim Bankdrücken? Wie bekomme ich einen massiven Rücken? Dabei sollten wir nicht vergessen, dass wir die meiste Zeit des Tages außerhalb des Fitnessstudios verbringen. Eigentlich solltest du dich vielmehr fragen, wie du deine körperliche Leistungsfähigkeit für das alltägliche Leben verbesserst. Was erst mal nach Gesundheits-Blabla klingt, hat in Wahrheit Muskelberge-Potenzial.

Denn das gezielte Training der Muskelschlingen verbessert nicht nur jeden regulären Bewegungsablauf. Es kann dir dabei helfen, echte Kraft und Athletik aufzubauen. Das liegt daran, dass starke Muskelschlingen die Belastung verringern, welche auf einzelne Muskeln einwirkt. Außerdem fordern sie deinen Körper heraus, sich effizienter und koordinierter zu bewegen. Austrainierte Muskelschlingen knüpfen also die kinetische Kette deines Körpers zusammen – das geht weit über bloßes Pumpen hinaus. Wie gestaltet sich ihr Training?

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Übungen für das Training der Muskelschlingen

Es gibt mehr als ein Dutzend Muskelschlingen im Körper, darunter vier besonders wichtige. Wir verraten dir, womit du sie dir zur Brust nimmst – oder zu einem anderem Körperbereich. In vielen Fällen reicht es, wenn du übliche Übungen ein kleines Bisschen abänderst, damit sie auf die unterschiedlichen Schlingen-Systeme abzielen. Integriere die folgenden im Anschluss an dein reguläres Training oder mach eine eigenständige Einheit (mit drei anstelle von einem Satz) daraus. Los geht’s!

Vorderes schräges Muskelschlingen-System

Wo: Es erstreckt sich von den schrägen Bauchmuskeln über die dazwischenliegenden Bauchfaszien hin zu den Adduktoren (Muskeln an der Oberschenkel-Innenseite).

Wofür: Dieses System gewährleistet unter anderem die Stabilität und Mobilität beim Gehen und Laufen. Es ist dafür verantwortlich, das Bein während der Schwungphase durchzuziehen. Außerdem stabilisiert es den Körper, wenn die Geschwindigkeit einer Bewegung zu- beziehungsweise abnimmt oder bei Richtungswechseln.

Übung: Staggered Kettlebell-Swing mit einem Arm

Ausführung: Du befindest dich im aufrechten Stand. Deine Beine sind hüftbreit und leicht versetzt – „staggered“. Das heißt, die Spitze deines rechten Fußes steht auf der Höhe deiner linken Ferse. Du hältst die Kettlebell in der rechten Hand. Dein linker Arm bleibt locker an der Seite. Spann deinen Core an.

Jetzt erfolgt der Kettblell-Swing: Lehn dich mit geradem Rücken nach vorn, beuge deine Knie und führe die Kettlebell durch deine Beine hindurch. Richte dich nun wieder auf und schwinge das Gewicht bis auf Schulterhöhe nach oben. Halte deinen Rumpf konstant stabil und drehe ihn nicht zu den Seiten weg. Wiederhole die Bewegung. (10 bis 15 Wiederholungen/Seite)

Hinteres vertikales Muskelschlingen-System

Wo: Dieses System zieht sich vom Latissimus (großer Rückenmuskel zwischen Schulterblatt und Beckenrand) zu den Gesäßmuskeln.

Wofür: Die Muskelschlingen dieses Systems arbeiten besonders während des Gangs und der Abtrittphase. Im Speziellen, wenn der Gesäßmuskel mit dem gegenüberliegenden Teil des Lats zusammenarbeitet, um Spannung in der thorakolumbalen Faszie zu erzeugen. Thora – was? Dabei handelt es sich um eine Weichgewebeschicht im mittleren und unteren Rücken, an der einige Rückenmuskeln ansetzen. Die Kräftigung dieses Systems sorgt daher für einen stabilen unteren Rücken.

Übung: Staggered Romanian Deadlift mit Superband

Ausführung: Stell dich mit dem rechten Fuß auf ein zusammengelegtes Superband. Deine Hände halten seine Enden, welche als Schlaufen fungieren. Dein linkes Bein ist wieder „staggerd“ – seine Fußspitze steht auf Höhe der rechten Ferse. Lehne dich aus dem aufrechten Stand mit geradem Rücken kontrolliert nach vorn. Aus der Kraft deiner Körperrückseite (Gesäß, Hamstrings, unterer Rücken) richtest du dich danach wieder auf – wie bei einem regulären Romanian Deadlift. Deine Po-Muskulatur bleibt während der gesamten Übung angespannt. (10 bis 15 Wiederholungen/Seite)

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Tiefes vertikales Muskelschlingen-System

Wo: Das System reicht vom Muskulus erector spinae (Muskeln rund um die Wirbelsäule) über das Ligamentum sacrotuberale (Band am hinteren Teil des Beckens, zwischen Kreuz- und Sitzbein), den biceps femoris (Beinbeuger) und bis hin zum tibialis anterior (vorderer Schienbeinmuskel) – ganz schön viele Fachgebegriffe!

Wofür: Das tiefe vertikale Muskelschlingen-System stabilisiert Hüfte und Core. Das lässt sich besonders beim Gehen beobachten, wenn es die Reaktionskraft des Bodens aufnimmt und auf den Körper überträgt. Es arbeitet außerdem synergetisch mit dem hinteren vertikalen System zusammen und sorgt für eine gute Kraftübertragung vom Ober- auf den Unterkörper.

Übung: Beinbeugen mit Gymnastikball

Ausführung: Du liegst mit dem Rücken auf einer Trainingsmatte. Deine Füße befinden sich auf einem Gymnastikball. Deine Schulterblätter, dein Kopf und deine Arme haben Bodenkontakt. Mit Letzteren stützt du dich an den Seiten ab („Brücke“). Dein Körper bildet eine gerade Linie. Zieh nun den Ball heran, indem du deine Beine beugst. Der Rücken bleibt dauerhaft gerade, dein Gesäß sinkt dabei nicht ab. Streck deine Beine wieder aus und wiederhole die Bewegung. (10 bis 15 Wiederholungen)

Laterales Muskelschlingen-System

Wo: Du findest dieses Schlingen-System zwischen dem quadratischen Lendenmuskel (quadratus lumborum), den kleinen beziehungsweise den mittleren Gesäßmuskeln (gluteus medius/minimus), den Adduktoren und den Knien.

Wofür: Die komplette Vorderseite deines Körpers (Frontalebene) wird durch diese Schlingen stabilisiert. Das bietet Schutz für Wirbelsäule und Hüfte. Letztere sackt ab, sobald hier eine Dysfunktion vorliegt. Das Training der Muskelschlingen des lateralen Systems beugt Rückenproblemen vor und wirkt wahre Wunder bei bereits bestehenden, wie beispielsweise einer verschleißbedingten Veränderung der Bandscheiben (Osteochondrose).

Übung: Step-ups mit einer Kurzhantel

Ausführung: Für diese Übung brauchst du eine Plyo-Holzbox oder einen stabilen Sitzhocker. Du stehst hüftbreit davor, in der linken Hand hältst du mit hängendem Arm eine Kurzhantel. Mit dem rechten Bein steigst du nun auf die Box und tappst mit dem linken Fuß nur kurz auf die Oberseite. Dann steigst du wieder mit dem rechten Bein runter und legst erneut los. (10 bis 15 Wiederholungen/Seite)

Fazit: Muskelschlingen verbinden Muskeln miteinander, indem sie sich selbst bei einfachsten Bewegungsabläufen zusammenschließen. Wenn du sie stärkst, verringert sich die Belastung, welche auf deine Muskeln einwirkt. Das kann für mehr Athletik und Kraft sorgen. Bei ihrem Training solltest du dich vor allem auf vier Schlingen-Systeme fokussieren: das vordere schräge, das hintere vertikale, das tiefe vertikale und das laterale. Geeignete Übungen hierfür sind Kettlebell-Swing, Romanian Deadlift, Beinbeugen und Step-ups – in leicht abgeänderter Form. Wenn du mehr als nur eine Pumperin oder ein Pumper sein möchtest, solltest du dich gleich mal daran versuchen!