Keine Kohlenhydrate, 14 Liter Wasser
So quälen sich Bodybuilder für den Wettkampf
Bodybuilding-Wettkämpfe sind nichts für Warmduscher oder In-der-Sauna-unten-Sitzer. Speziell die Vorbereitung auf den Wettkampf ist für die Körper der Sportler eine echte Tortur, die teilweise sogar gesundheitliche Risiken birgt. Exklusiv für LOOX erklären die Bodybuilder Ivan aus Berlin und Dominik aus Köln, was sie ihren Körpern in der Endphase der Wettkampf-Vorbereitung zumuten.
Noch zehn Tage bis zum Wettkampf. Diese Phase kann das Training von Wochen oder Monaten ruinieren. Ivan: „In dieser Zeit werden kleine Anpassungen an Training und Ernährung gemacht, die jedoch den entscheidenden Unterschied ausmachen können.“ Nun beginnt der Abbau von Wassereinlagerungen und die Wiederauffüllung der Glykogenspeicher.
Ivan Leonel Recabarren (25/Insta-Name: Ivannleonel/30000 Follower) kennt diese Phase aus dem Effeff. Seit sieben Jahren ist er im Fitnesssport aktiv. Sein normales Gewicht schwankt bei einer Körpergröße von 1,65 m zwischen 73 und 80 Kilo. Für die Wettkämpfe arbeitet sich der 25-Jährige auf 66 Kilo runter. Dominik Küpper (25/Insta-Name: Leroy.Swoll/3200 Follower) startet in der Gewichtsklasse bis 100 Kilo. Sein Gewicht liegt normalerweise bei 110 Kilo.
„Am 10. Tag vor dem Wettkampf beginne ich mit der ersten Aufladephase und der Reduktion der Kohlenhydrate. Das dauert in etwa sieben Tage“, erklärt Ivan. Das heißt: mehr Salz als gut (und lecker) ist, die Kohlenhydrate-Zufuhr wird halbiert und dafür die doppelte Menge Wasser als normal getrunken – sprich: acht bis zehn Liter! Bei Dominik sind es sogar bis zu 14 Liter. Er erklärt warum: „Das Wasser muss aus dem Körper gespült werden. So schmiegt sich die Haut besser an die Muskeln an.“ Allerdings fängt er mit dieser Phase erst sieben Tage vor dem Wettkampf an und macht dies dann für „nur“ drei Tage.
Ivan: „Es kann für die ersten Tage eine echte Herausforderung darstellen, da man sich durch das Training bereits eine ziemlich lange Zeit im Defizit befindet.“ Der Stress-Level für den Körper ist enorm.
Für Dominik ist Vorbereitung das Nonplusultra. Bei Reisen ist seine Essenswaage dabei – alles wird abgewogen. Ansonsten wird vorgekocht. Auch der Zeitplan ist wichtig. Frühstück um acht Uhr, Mittag dann um 13 Uhr, Abendessen gibt es erst um 21 Uhr. Vorher wird noch trainiert und, um die Zeit zu überbrücken, gibt es gegen 19 Uhr einen Shake. Dominik: „Es ist ein Irrglaube, dass man so spät nicht mehr essen soll.“
Das Hungergefühl nimmt in dieser Zeit enorm zu. Ivan versucht dies mit Wasser zu stillen, so seinen Magen zu füllen. Der Nachteil: „Ich muss mindestens einmal in der Stunde auf die Toilette“, schmunzelt er. Auch Dominik kennt dieses Problem. Dominik: „Irgendwann hörst du auf zu zählen. Aber 20- bis 30-mal am Tag ist dann keine Ausnahme.“ Doch das ist noch nicht die härteste Phase. Die beginnt drei Tage vor dem Wettkampf.
Es startet die Entladephase – Kohlenhydrate werden bei Ivan von der Speisekarte radikal gestrichen. Ivan: „Das ist für mich die schwerste Zeit in der Vorbereitung, da schon nach dem ersten Tag die Glykogenspeicher fast leer sind und man nicht genug hat.“ Glykogen ist zuständig für die Bereitstellung von Glucose, einem wichtigen Energieträger für den Körper. Irre: In diesem Zustand fallen dem Hochleistungssportler sogar kurze Laufstrecken schwer. Ganz so schlimm ist es bei Dominik nicht, da er nie unter 100 Gramm Kohlenhydrate am Tag geht.
Sind die Speicher leer, leiden die Muskeln Hunger. Die Folge: Nun wird mehr Glykogen als normal gespeichert. Führt man dem Körper nun größere Mengen an Kohlenhydraten zu, wirken die Muskeln im Idealfall größer und massiger.
Nur noch zwei Tage bis zum Wettkampf. Nun wird die Wasserzufuhr auf ca. zwei Liter runtergefahren. Es beginnt die Entwässerung des Körpers. Das klappt problemlos, da der ständige Harndrang durch die „Überwässerung“ des Körpers der letzten Tage weiter anhält.
In den letzten 36 Stunden vor dem Wettkampf kehrt bei Ivan das Lächeln ins Gesicht zurück. Ivan: „Nun beginnt die Ladephase, in der ich mich überwiegend von Kohlenhydraten ernähre.“ Allerdings trinkt er jetzt nur noch einen Liter Wasser am Tag – eigentlich viel zu wenig. Während Ivan sich in dieser Zeit mental am Limit befindet, beugt Dominik entsprechend vor. Dominik: „Die physische und psychische Belastung ist natürlich enorm. Eigentlich will man in dieser Zeit auch niemanden sehen. Meistens nehme ich dafür Urlaub.“
Doch am Wettkampf-Tag wird es noch brutaler. Dominik: „Ich starte mit einem schwarzen Kaffee, um den Kreislauf in Gang zu bringen. Nach dem Einwiegen sehe ich, wo ich stehe. Wenn alles okay ist, esse ich noch zwei Muffins, nehme aber keine weitere Flüssigkeit mehr zu mir.“ Ivan: „Ich esse am Wettkampftag hauptsächlich Reiswaffeln und einfache Zucker. Ich trinke auch nur noch 250 ml Wasser.“ Man muss den Sport lieben, um sich diesen Qualen auszusetzen. Denn die Entbehrungen beschränken sich nicht nur auf die Ernährung. Auch der Schlafrhythmus leidet. Ivan: „In den letzten Wochen vor dem Wettkampf schlafe ich kaum länger als fünf Stunden.“
Der Sport geht zudem auch ins Geld. Nicht nur die hochwertige Ernährung will finanziert werden. Dazu kommen Wettkampfgebühren, Tanningkosten (Farbe) und natürlich Aufwendungen für Reisen und Unterkünfte. Das allein kann schnell mehrere Hundert Euro kosten. Dominik: „Wenn man sich für überregionale Wettkämpfe qualifiziert, werden die Wettkampfgebühren dann vom Verband übernommen. Bei mir geht eher das Essen ins Geld. Ich investiere im Monat rund 500 Euro in meine Ernährung.“