Stretching & Eis für die Tonne
Die richtige Regeneration nach dem Krafttraining
Im Gym gibst du alles und deine Ernährung stimmt bis aufs letzte Gramm. Aber wenn es darum geht, deinem Körper Ruhe zu gönnen, machst du schwach? So nützt der ganze Aufwand nichts – in der Ruhe liegt die Kraft! Wir verraten dir, wie du nach dem Training richtig regenerierst und was du lieber lassen solltest.
- Die Regeneration nach dem Krafttraining ist deshalb so wichtig, weil die trainingsinduzierten Mikrotraumata im Muskelgewebe heilen müssen, was es wiederum wachsen lässt
- Rest Days, Active Recovery, Schlaf, Eiweiß und Kohlenhydrate, sowie die Anwendung von Massagen und einer Faszienrolle fördern die Erholung nach dem Gym
- Dich zu dehnen und kalt zu baden hingegen, hat keinen positiven Einfluss auf den Regenerationsprozess deiner Muskeln
Warum ist Regeneration nach dem Krafttraining wichtig?
Die Erholungsphase nach dem Krafttraining ist deswegen so wichtig, weil du nicht während deines Workouts Muskeln aufbaust, sondern im Zuge der Regeneration. Denn während du dich mit den Gewichten vergnügst, haben deine Muskeln schwer zu kämpfen: Es entstehen zahlreiche, mikroskopisch kleine Risse. Im Anschluss ans Gym kommen Anpassungsmechanismen in Gang und dein Körper macht sich an die Reparatur des zerstörten Gewebes. Es verdickt sich, damit es bei der nächsten Einheit für die anstehende Belastung gewappnet ist – dein Bizeps wächst!
Dieser Anpassungsprozess wird als Superkompensation bezeichnet. Sie beschreibt eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit über das Ausgangsniveau hinaus. Der Muskelaufbau wird also nicht nur durchs Training und die Ernährung bedingt, sondern auch durch eine ausreichende Regeneration. Womit optimierst du deine Erholung?
Richtig regenerieren nach dem Krafttraining
Regeneration ist vielseitig. Im Idealfall beziehst du so viele der folgenden Aspekte in deine Erholungsphase mit ein, wie du kannst. Training ist nun mal Silber und Regeneration Gold!
Rest Days
Dein Trainingsplan hat entscheidende Auswirkungen auf die Erholungsphasen zwischen deinen Einheiten. So sollten wöchentliche Pausentage ohne Krafttraining Standard für dich sein. Wie viele du benötigst, hängt immer von deinem Leistungsniveau, der Trainingsintensität und deinem Alter ab. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass nicht weniger als 48 Stunden vergehen sollten, bis du dieselbe Muskelgruppe (beispielsweise die Brust) erneut trainierst. Das heißt, ein trainingsfreier Tag zwischen den Einheiten. Es kann aber auch gern 72 Stunden (drei Tage) oder etwas länger dauern.
Wie lange dein Körper wirklich braucht, sagt er dir in der Regel selbst. Über einen Muskelkater klagen, heißt automatisch: Training vertagen! Zumindest für die schmerzende Muskelregion. Das wiederum bringt uns zum Trainingssplit. Er bestimmt über die Verteilung und die Anzahl deiner Rest Days und hat das Potenzial, deine Regenrationsphase zu verbessern. Wenn du dich beispielsweise an einen 3er-Split (Push-Pull-Beine) oder 5er-Split (Brust, Rücken, Schultern, Arme und Unterkörper an einzelnen Tagen) hältst, hat jeder Körperbereich genug Zeit, um sich vom Trainingsreiz zu erholen.
Außerdem sinnvoll: „Deload Phasen“. Darunter versteht man die geplante Reduktion der Trainingsbelastung. Erfolgreiche Trainingsprogramme zum Muskel- beziehungsweise Kraftaufbau sehen sie ungefähr jede vierte Woche für die Dauer von einer Woche vor. Nach Beendigung eines Trainingszyklus lassen sich Deloads aber auch optimal integrieren. Während der sieben Tage kannst du deiner gewohnten Trainingsroutine nachgehen und lediglich Gewicht, Sätze, Wiederholungen oder Trainingstage verringern – Hauptsache, du nimmst deine Einheiten auf die leichte Schulter! Genauso wie die folgende Maßnahme.
Active Recovery
Bei aktiver Regeneration (auch „active Recovery“) handelt es sich um Bewegung, die das Ziel hat, deine Erholung nach dem Training zu verbessern. Ihre Intensität sollte daher so niedrig sein, dass sie deinen Körper nur leicht belastet. Hierzu eignen sich insbesondere entspannte Ausdauer-Sportarten, wie zum Beispiel Walken, Joggen, Radfahren und Schwimmen sowie Einheiten auf einem Cardio-Gerät im Fitnessstudio.
Active Recovery kann direkt nach deinem Workout oder an einem trainingsfreien Tag stattfinden. Der Zeitpunkt hat außerdem einen Einfluss auf die Dauer. Diese hängt stark von deiner vorherigen Trainingsintensität, der Recovery-Sportart und deiner Fitness ab. Wir empfehlen dir jedoch, dich direkt nach dem Krafttraining für 15 bis 45 Minuten zu bewegen (Cool-down). An Pausentagen darf der Erholungssport auch mal länger dauern (45 Minuten bis eineinhalb Stunden), sollte aber trotzdem nicht intensiver ausfallen.
Warum wirkt sich Active Recovery überhaupt positiv auf die Regeneration nach dem Krafttraining aus? Die leichte Bewegung fördert deine Durchblutung. Sauerstoff und andere Nährstoffe werden zu deinen Muskeln transportiert. Stoffwechselprodukte und geschädigtes Gewebe werden schneller abgebaut. Das beschleunigt die Reparaturarbeiten, du kannst früher wieder zum Training und sorgst in der Summe für einen schnelleren Leistungs- und Muskelaufbau. Von der aktiven zur absolut passiven Regeneration.
Schlaf
Der Schlaf unterteilt sich in zwei Phasen, welche sich ungefähr alle 90 Minuten abwechseln: die Tiefschlafphase und die Traumschlafphase („REM-Phase“, von „Rapid Eye Movement“). Während der REM-Phase kommt hauptsächlich dein Geist zur Ruhe, der Tiefschlaf hingegen ist bedeutend für den Muskelaufbau. Er forciert nämlich die körperliche Erholung, indem große Mengen an Hormonen ausgeschüttet werden, welche für die Regeneration und das Wachstum der Zellen verantwortlich sind.
Dass nachts die Erfahrungen von tagsüber verarbeitet werden, wirkt sich ebenfalls förderlich auf den Muskelaufbau aus. Die sogenannte Replay-Theorie geht davon aus, dass dein Gehirn beim Schlafen psychomotorische Abläufe noch einmal durchläuft. Dies gleicht einem mentalen Training, wodurch Lerninhalte und Bewegungsmuster besser eingeprägt und erinnert werden. Insbesondere die Tiefschlafphase ist geprägt von solchen Abläufen.
Ein durchschnittlicher Erwachsener braucht sieben bis acht Stunden Schlaf pro Nacht. Die genaue Dauer richtet sich in der Regel nach dem Alter. Von der Quantität zur Qualität – um deine Nachtruhe zu optimieren, solltest du die klassischen Tipps beachten: kein Koffein am Abend, Smartphone in den Flugmodus, Zimmertemperatur von maximal 18 Grad, Raum abdunkeln oder Schlafmaske tragen. Was dir ebenfalls helfen kann, ist ein Magnesium-Supplement vor dem Zubettgehen. Laut unseres Ernährungsexperten Jasper, fördert die muskelentspannende Wirkung des Mineralstoffs deinen Schlaf.
Ernährung
Um die Regeneration zu unterstützen und die Muskel-Proteinsynthese zu stimulieren, empfiehlt sich die Zufuhr von 20 bis 25 Gramm Eiweiß im Anschluss (ein bis drei Stunden) ans Training. Damit die Stimulation besonders stark ausfällt, sollte das Protein von hochwertiger Qualität sein. Das heißt, über einen hohen Gehalt an essenziellen Aminosäuren verfügen. Denn vieles deutet darauf hin, dass du mit dem Konsum bestimmter Aminosäuren Muskelschädigungen abmildern kannst. Dabei handelt es sich vor allem um verzweigtkettige BCAAs (Branched Chain Amino Acids). Diese kann der Körper nicht selbst herstellen, sie müssen über die Nahrung aufgenommen werden.
Geeignete Proteinquellen sind Fleisch, Eier und Milchprodukte. Whey punktet mit einem besonders hohen Anteil an BCAAs, insbesondere mit Leucin – die wichtigste Aminosäure für die Stimulierung der Proteinbiosynthese. Aber auch die Kombination aus tierischen und pflanzlichen Eiweißlieferanten (beispielsweise Kartoffeln und Eier) oder lediglich pflanzlichen (beispielsweise Soja und Reis) erhöht in der Summe den Gehalt an essenziellen Aminosäuren – ergo die sogenannte biologische Wertigkeit.
Neben Eiweiß haben aber auch Kohlenhydrate einen positiven Einfluss auf die Erholung deiner Muskeln. Eine zeitnahe Kohlenhydratzufuhr von einem bis eineinhalb Gramm pro Kilogramm Körpergewicht ist ideal, um deine Glykogenspeicher nach dem Gym wiederaufzufüllen. Für einen 80 Kilogramm schweren Mann wären das 80 bis 120 Gramm Kohlenhydrate, das entspricht circa 100 bis 150 Gramm ungekochtem Reis.
Kombinierst du nun Carbs und Eiweiß, unterstützt du Muskelregeneration und -aufbau mithilfe der insulinsteigernden Wirkung der Kohlenhydrate – Insulin wiederum fördert nämlich die Aminosäureaufnahme. Setze wie gewohnt auf komplexe Kohlenhydrate beispielweise aus Kartoffeln, Vollkornbrot, Haferflocken oder Reis.
Massagen
Wie eingangs erwähnt, entstehen beim Krafttraining Mikrotraumata in der Muskulatur. Laut aktueller Havard-Studie fördern Massagen die Heilungsprozesse und beschleunigen die Regeneration. Das Team rund um Studienleiter Bo Ri Seo konnte feststellen, dass mechanische Belastungen wie Massagen dazu beitragen, Immunzellen aus dem verletzten Gewebe zu entfernen – was wiederum die Muskelregeneration vorantreibt.
Des Weiteren wird angenommen, dass Massagen die Anzahl der Mitochondrien (die „Kraftwerke der Zellen“) im behandelten Muskelgewebe erhöhen. Indem ihm somit mehr Energie zur Verfügung steht, kommt es auch schneller wieder zu Kräften – und deine Regeneration nach dem Krafttraining verbessert sich. Als wäre das nicht genug, sollen Massagen verhindern, dass deine Zellen übermäßig viele entzündungsfördernde Botenstoffe ausschütten und verringern somit das Entzündungsrisiko.
Faszienrolle
Faszien sind das Bindegewebe der Muskeln und umgeben sie. Am besten arbeiten die beiden zusammen, wenn sie aneinander vorbeigleiten. Die Hartschaum-Rollen werden dafür angepriesen, etwaige „Verklebungen“ zu lösen. Wissenschaftliche Belege gibt es bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht dafür. Was allerdings feststeht, ist die Tatsache, dass Faszientraining die Durchblutung der Muskeln fördert und den Stoffwechsel im Bindegewebe unterstützt. Es boostet somit deine Erholung nach dem Krafttraining – vorausgesetzt, du führst es richtig durch.
Faszienrolle kann ziemlich viel Druck ausüben. Das wissen alle, die schon einmal damit zugange waren. Daher ist es besonders wichtig, dass der Bewegungsdruck in die richtige Richtung führt, nämlich zum Herzen hin. Rollst du mit der Hartschaumrolle vom Herzen weg, wirkt sich das negativ auf den venösen Rückstrom aus. Dies kann vor allem bei älteren Menschen zu gesundheitlichen Problemen führen. Im Idealfall hältst du Rücksprache mit einer Physiotherapeutin oder einem Physiotherapeuten, bevor du mit dem Ausrollen loslegst. Ungefähr 15 Minuten im Anschluss an dein Workout sind ideal. Leg dabei den Fokus auf die zuvor trainierte Muskelgruppe.
Tipp: Rollen mit Noppen oder gewellter Oberfläche sind nicht für die Regeneration vorgesehen, sondern kommen in der Regel vor Wettkämpfen zum Einsatz. Welche weiteren Dinge tragen nicht zu deiner Erholung bei?
Sinnlose und kontraproduktive Maßnahmen
Stretching
Die meisten denken, dass sie mit Stretching für Regeneration nach dem Krafttraining sorgen und der Katerstimmung an den Folgetagen vorbeugen. Das stimmt so allerdings nicht. Diverse Untersuchungen in den vergangenen Jahren (2002, 2007, 2013) belegen, dass Dehnen nach dem Workout weder einem Muskelkater vorbeugt noch ihn reduziert. Stretching im Anschluss ans Training ist außerdem dafür bekannt, angeblichen trainingsbedingten Verkürzungen entgegenzuwirken. Allerdings ist es sehr unwahrscheinlich, dass du solche davonträgst, wenn du die Übungen über den vollen Bewegungsumfang (ROM = Range Of Motion) ausführst.
Auch vor dem Krafttraining solltest du es besser sein lassen! Stretching nimmt die Spannung aus deinen Muskeln und kann sich negativ auf deine Leistung auswirken. Wenn deine natürliche Beweglichkeit für die entsprechende Übungsausführung ausreicht, brauchst du dich vorab sowieso nicht zu dehnen. Nichtsdestotrotz hat Stretching seine Daseinsberechtigung. Du solltest es im Idealfall an Pausentagen in deine Routine integrieren, um deine Flexibilität zu verbessern. So kann das Dehnen zum Beispiel dazu beitragen, dass du bei der Kniebeuge endlich mit deinem „ass to the grass“ kommst. Beachte jedoch, dass dein Körper bereits erwärmt sein sollte, bevor du loslegst – andernfalls riskierst du Verletzungen.
Eisbäder
Sportlerinnen und Sportler propagieren den beschleunigten Erholungsprozess durch Eisbäder. Jedoch konnten Studien lediglich eine minimale oder keine signifikante Wirkung feststellen. Eine weitere Studie belegt sogar, dass kalte Bäder langfristig zu geringeren Trainingserfolgen in Sachen Muskelkraft und Hypertrophie führen können. Ins kalte Wasser zu springen, hält auch die Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin für wenig sinnvoll.
So wird zwar festgehalten, dass Eisbäder Muskelschmerzen verringern können und für Hochleistungssportlerinnen und -sportler, die bereits viel Muskelmasse besitzen, von Vorteil sein können. Nichtsdestotrotz lautet die Schlussfolgerung: „Athleten, die Muskelaufbau zum Ziel haben, sollten Kälteanwendungen nach der Belastung hingegen überdenken.“ Das liegt daran, dass der Einfluss von Eis die Rückbildung von abgestorbenem Gewebe und die Differenzierung von für die Heilung wichtigen Satellitenzellen verzögert.
Fazit: Um effektiv aufzubauen, solltest du neben Training und Ernährung die Regeneration nach dem Sport nicht unterschätzen. Muskeln wachsen schließlich nicht während des Workouts, sondern danach. Um den Erholungsprozess optimal zu unterstützen, solltest du feste Pausentage in deinen Trainingsplan integrieren, active Recovery nach den Sessions oder an deinen Rest Days betreiben und viel Wert auf Schlaf legen. Darüber hinaus forcierst du die Regeneration, wenn du Protein und Kohlenhydrate nach dem Krafttraining isst, dir regelmäßig Massagen gönnst und im Anschluss ans Pumpen eine Faszienrolle verwendest. Keine Wirkung auf die körperliche Erholung hingegen hat das Stretching. Auch die gehypten Eisbäder wirken sich nicht positiv aus – ganz im Gegenteil! Sie machen deine Gains kalt.