Die Kniebeuge hat etwas mit der Ausführung der Beinpresse gemeinsam – achtest du darauf?
2. Dezember 2022
von Franziska Schindler

Lügen haben dünne Beine

5 Gründe, warum deine Beine nicht wachsen

Deine Beinmuskulatur wächst einfach nicht trotz Grundübungen, sauberer Form, genug Kalorien, viel Protein und ausreichend Regeneration? Bei uns erfährst du, warum du entgegen allen Bemühungen keine Leg Gains machst und wie du zu „Quadzilla“ wirst.

  • Setze auf einen hohen Wiederholungsbereich und beziehe sowohl den Quadrizeps als auch den Beinbizeps und die Waden in deine Trainingsroutine mit ein, um das gesamte Bein-Wachstum zu forcieren.
  • Ausbleibende Leg Gains können auf das mangelhafte Abdrücken vom Boden während der Kniebeuge, aber auch auf die Vernachlässigung der Waden zurückzuführen sein.
  • Lass dich nicht vom subjektiven Belastungsempfinden im Rahmen des Bein-Trainings täuschen und beende deinen Satz erst ein bis zwei Wiederholungen vor dem Muskelversagen.

1. 6-12 Wiederholungen ausbaufähig

Der professionelle Bodybuilder John „Mountain Dog“ Meadows und Arnold Schwarzenegger schworen auf hohe Wiederholungszahlen für die Beine. Es war gang und gäbe für die beiden, deutlich mehr als zwölf Reps pro Satz zu absolvieren. Zurückzuführen ist das auf die Muskelfasern. Diese unterteilen sich in den langsam zuckenden Typ 1 („slow twitch“) und die schnell zuckenden Typen 2a und 2b („fast twitch“). Typ 1 ist überaus ermüdungsresistent und beim Ausdauersport über längere Distanzen aktiv. Beim Krafttraining hingegen kommen die schnell zuckenden Muskelfasern zum Einsatz. Wenn du in einem höheren Wiederholungsbereich Gewichte stemmst, ist Typ 2a zur Stelle. Sein Kollege 2b wird einer niedrigeren Rep Range zugerechnet (unter 15).

Jeder Muskel in deinem Körper weist Anteile dieser drei Faser-Typen auf. Ihre Verteilung hängt von der Muskelfunktion und der Genetik ab – du kannst sie nicht beeinflussen. Du weißt demzufolge auch nicht, aus welchen Muskelfasern deine Beine hauptsächlich bestehen. Wenn du also ihr maximales Wachstum anstrebst, solltest du regelmäßig verschiedene Wiederholungsbereiche in deine Trainingsroutine integrieren. Somit stellst du sicher, dass du jeden Muskelfaser-Typen ansprichst.

Nun magst du vielleicht denken, über zwölf Wiederholungen seien nur für die Kraftausdauer eines Muskels sinnvoll und nicht für sein Wachstum. Mitnichten! Je größer die Kraftanforderung ist, umso mehr motorische Einheiten werden rekrutiert. Dieses sogenannte „Hennemansche Größenordnungsprinzip“ ist nicht an eine bestimmte Wiederholungsanzahl gebunden, sondern tritt kurz vor beziehungsweise mit Erreichen des Muskelversagens ein.

Das heißt für dich: Verändere die Rep Range deiner Trainingsperioden alle vier bis sechs Wochen, wenn deine Beine nicht wachsen wollen. Rotiere dabei zwischen circa 3-6, 6-12 und über zwölf Wiederholungen (gerne bis zu 20). Eine weitere Möglichkeit wäre, dass du die drei Wiederholungsbereiche an einem Trainingstag kombinierst (zum Beispiel: Kniebeuge 3 x 3-6, Rumänisches Kreuzheben 3 x 6-12, Beinstrecker 3 x 12-20). Wenn du immer nur beim Klassiker „6 – 12“ bleibst, verschwendest du eine Menge Wachstumspotenzial. Das gilt übrigens nicht nur für die Beine, sondern auch für jeden anderen Körperbereich.

2. Abdrücken vom Boden mangelhaft

Als komplexe Grundübung bilden Squats das Fundament eines ordentlichen Leg Days. Bei ihrer Ausführung sind alle wichtigen Muskeln des Unterkörpers beteiligt. Kein Wunder also, dass die Kniebeuge den Kalorienverbrauch und die Ausschüttung von Wachstumshormonen in die Höhe treibt. Selbst, wenn du die korrekte Squat-Technik mittlerweile kennst, birgt sie immer noch Verbesserungspotenzial. Denn: Hast du bereits auf das richtige Abdrücken vom Boden geachtet?

Du kannst dir die Kniebeuge im Grunde genommen als Beinpresse in der Vertikalen vorstellen. Du machst beim Squatten schließlich nichts anderes, als deine Beine vom Körper wegzudrücken. Aber das will gelernt sein! Es kommt darauf an, so viel Kraft wie möglich auf den Boden auszuüben, um dich aktiv davon abzudrücken. Es handelt sich beim Squat nicht nur um eine Streckung der Beine.

Am besten übst du das kraftvolle Abdrücken mithilfe einer anderen grandiosen Grundübung: dem Kreuzheben. Anstelle es als Pull-Übung zu betrachten, solltest du Kreuzheben (aus Sicht der Beine) vielmehr als Push-Exercise ansehen – zumindest, bis du deine Knie durchgestreckt hast. Sobald du dich beim Kreuzheben verbesserst, werden dir auch Kniebeugen leichter fallen – und deine Beine wachsen.

3. Kein Dreidimensionales Training

Um deine Beine massiv zu machen, sollte dein Unterkörper-Training dreidimensional sein. Das heißt, alle Funktionen und Muskeln deiner Beine in ausgeglichenem Maße bedienen. Hierzu ist es ratsam, ihre Anatomie und Aufgaben zu kennen.

QUADRIZEPS

Anatomie: Er befindet sich auf der Vorderseite des Oberschenkels und setzt sich aus vier Muskelanteilen zusammen.
Funktion: Der Quadrizeps („Quad“) ist der einzige Strecker des Kniegelenks und daher für die Aufrichtung des Körpers zuständig – beispielsweise aus der Hocke.
Fokus-Übungen: Sämtliche Kniebeuge-Varianten, Beinpresse, Beinbeuger, Ausfallschritte, Step-ups

BEINBIZEPS

Anatomie: Hierbei handelt es sich um einen zweiköpfigen Muskel auf der Oberschenkel-Rückseite. Du kennst ihn vielleicht unter dem Begriff „Hamstrings“.
Funktion: Der Beinbizeps bewirkt eine Streckung und leichte Außenrotation im Hüftgelenk, sowie die Stabilisierung des Beckens. Überdies ist er der einzige Muskel, welcher das Kniegelenk in gebeugter Position nach außen rotieren kann.
Fokus-Übungen: Beinbeuger, Rumänisches Kreuzheben, Good Mornings

WADEN

Anatomie: Rein anatomisch unterteilt sich die Wadenmuskulatur in eine oberflächliche und tiefe Schicht. Wenn es darum geht, dicke Waden zu bekommen, sind insbesondere der sogenannte Musculus Gastrocnemius und der Musculus Soleus der oberflächlichen Schicht von Bedeutung.
Funktion: Hauptaufgabe der Wadenmuskulatur ist die Beugung der Füße in Richtung Fußsohle („Plantarflexion“), welche für das Gehen von Wichtigkeit ist. Darüber hinaus wirkt sie am natürlichen Abknicken („Suptination“) des Fußgelenks nach außen mit.
Fokus-Übungen: Sämtliche Wadenheben-Varianten (stehend, sitzend etc.)

Die Zusammenstellung der Übungen entscheidet also darüber, ob deine Beine wachsen oder dünn bleiben. Ein sinnvoller Leg Day könnte zum Beispiel wie folgt aussehen: Kniebeuge und Beinstrecker für die Quads, Rumänisches Kreuzheben und Beinbeuger für die Hams. Abschließend kannst du Wadenheben integrieren – oder du trainierst sie zu allererst …

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4. Wadenmuskulatur vernachlässigt

Erst dicke Waden machen austrainierte Beine komplett. Aber deine werden partout nicht muskulöser? Die meisten vernachlässigen das Training der Waden schlichtweg. Hängen sie am stärksten hinterher, solltest du sie zu deiner Priorität am Leg Day machen. Das heißt, du nimmst sie dir zu allererst vor und machst sie nicht halbherzig kurz vor dem Verlassen des Gyms. Außerdem solltest du ihnen zweimal pro Woche Beachtung schenken. Mit welchen Übungen?

Übungen

Wir haben dir bereits erklärt, dass die Wadenmuskulatur oberflächlich aus dem sogenannten Soleus und dem Gastrocnemius besteht. Obwohl Letzter deutlicher zutage tritt, ist der tiefer liegende Soleus in Wahrheit der Größere und Stärkere von beiden. Du triffst ihn vor allem beim Wadenheben im Sitzen, mit Winkel im Kniegelenk. Der Gastrocnemius steht im Fokus, wenn du deine Waden mit gestreckten Beinen hebst. Du solltest jedoch beides miteinander kombinieren, um das Waden-Wachstum maximal zu forcieren.
Sinnvolle Varianten sind das vorgebeugte Wadenheben („Donkey Calf Raises“, alternativ mithilfe einer Multipresse) und unilaterales Wadenheben, um Asymmetrien entgegenzuwirken. Donkey Calf Raises waren übrigens eine Spezialität von Arnold Schwarzenegger. Er hat die Übung gern mit seinen Gym-Buddies auf dem Rücken ausgeführt – Bremer-Stadtmusikanten-Style.

Reps und Sets

Einer Studie zufolge werden Soleus und Gastrocnemius von Typ-1-Muskelfasern dominiert, weshalb sie von einer hohen Wiederholungszahl profitieren können. Am besten fährst du allerdings mit einer Kombination aus geringen und hohen Wiederholungsbereichen von sechs bis 20 Reps. Pro Trainingstag sollten ungefähr fünf bis zehn Sätze auf dem Programm stehen, sofern du dir deine Waden an zwei Tagen pro Woche vorknöpfst. Darüber hinaus entscheidet die Übungsausführung über deine Waden-Entwicklung.

Technik-Tipps zum Wadenheben im Stehen

– Deine Fußspitzen zeigen gerade nach vorn
– Du bist barfuß oder trägst Schuhe, welche die Beweglichkeit im Fußgelenk nicht einschränken (auf hoch geschnittene Schuhe verzichten)
– Gehe in die volle Dehnung nach unten („full range of motion“)
– Dein Quadrizeps ist aktiv angespannt, um die Knie durchzustrecken (Fokus auf Gastrocnemius) und das Gewicht nicht nach oben zu „squatten“
– Du hältst die Spitzenkontraktion für volle ein bis zwei Sekunden (zähle von 21 bis 22)
– Die Negative sollte ebenfalls zwei komplette Sekunden dauern
– Unten angelangt, pausierst du die Bewegung um weitere zwei Sekunden
– Benutze kein allzu hohes Gewicht
– Das Vorangegangene gilt ebenfalls für das Wadenheben im Sitzen, bei dem du unbedingt ohne Schwung aus der Hüfte arbeiten solltest

5. Belastungsempfinden falsch eingeschätzt

Das Training der Beine stellt eine große Belastung für deinen Körper dar. Es handelt es sich dabei ja auch um eine sehr große Muskelgruppe. Sie ist imstande, mehr Gewicht zu bewegen als andere. Das kann unter Umständen dazu führen, dass du deine Beine weniger intensiv trainierst als die restlichen Körperbereiche, weil dein subjektives Belastungsempfinden die Anstrengung als hoch einstuft.

Das heißt, anstelle den Satz ein bis zwei Wiederholungen vor dem Muskelversagen zu beenden, stoppst du bereits früher – und lässt vielleicht vier bis fünf Reps im Tank. Denn: Rein gefühlsmäßig hast du dich bereits ordentlich angestrengt. Allerdings kannst du das Belastungsempfinden am Leg Day nicht mit jenem eines anderen Trainingstages vergleichen. Deine Beine erfordern sehr viel mehr Energie als beispielsweise der Rücken.

So hatte Tom Platz – auch „The Quadfather“ genannt – jedes Mal Angst vor dem Bein-Training. Über Squat-Racks sagte er einst Folgendes: „It’s were life and death will take place every workout.“ Was du daraus lernen kannst? Du musst dich höchstwahrscheinlich stärker ins Zeug legen, wenn deine Beine nicht wachsen wollen.

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Fazit: Wenn du dir ein Bein ausreißt und trotzdem keine Leg-Gains machst, kann das an verschiedenen Gründen liegen. Um dies zu ändern, solltest du hohe Wiederholungsanzahlen in deine Trainingsroutine integrieren, das korrekte Abdrücken vom Boden erlernen und alle Muskeln und Funktionen deiner Beine berücksichtigen. Austrainierte Beine kommen überdies nicht ohne wahnsinnige Waden aus, weshalb du sie niemals vernachlässigen solltest. Am besten knöpfst du sie dir zu allererst vor und absolvierst auch mal Wadenheben-Varianten. Wenn du dich aus vollem Herzen auf Leg Days freust, strengst du dich vielleicht nicht genug an. Pflegst du hingegen eine gesunde Hassliebe dafür, liegt es nahe, dass dein subjektives Belastungsempfinden recht hat. Hals und Beinbruch!