Krafttraining macht auch deine Hormone stark
15. Februar 2022
von PIERRE SCHOBER

Myokine

Die Botenstoffe der Muskeln beeinflussen sogar das Krebswachstum

Es gibt sehr viele Dinge, von denen haben noch nicht einmal Leistungssportler etwas gehört. Zu Myokinen kann nicht jeder direkt etwas sagen. LOOX sprach mit einem Experten auf diesem Gebiet.

♦ Myokine sind die Botenstoffe der Muskeln im Körper
♦ Die Fettverbrennung wird über das Myokin Idrizin angekurbelt
♦ Ausreichend Bewegung ist unablässlich für einen gesunden Körper

Der menschliche Körper ist eine mega-komplexe Maschine. Myokine nehmen da eine wichtige Rolle ein. Professor Wilhelm Bloch von der Deutschen Sporthochschule in Köln: „Myokine sind Botenstoffe, die von bestimmten Zellen im Körper ausgestoßen werden. Das ist abgeleitet von dem Begriff Zytokine. Das wiederum sind Stoffe, die man aus dem Immunsystem kennt, die eine hormonähnliche Rolle im Körper spielen.“

Myokine steuern die Kommunikation im Körper

Diese Botenstoffe sind über den gesamten Organismus verteilt. Sie übernehmen Regulationsaufgaben und steuern auch die Kommunikation im Körper. Prof. Block: „Mittlerweile wissen wir, dass im Muskelgewebe eine Reihe von diesen Botenstoffen gebildet werden, die dann miteinander ‚kommunizieren‘. Die Stoffe werden dann auch vor allem über das Blutsystem verteilt und können so jeden Teil des Körpers erreichen.“

Die Myokin-Werte können durch das Krafttraining positiv beeinflusst werden. Prof. Bloch: „Grundsätzlich führt Muskelarbeit im Endeffekt zu einer Stimulation in der Bildung und Freisetzung von Myokinen. Umso größer die ‚Fabrik‘ ist, desto mehr Myokine können ausgeschüttet werden.“ Der Laie mag sich jetzt fragen, wozu ist das wichtig? Myokine können beispielsweise Entzündungen stoppen.

Das Myokin Irizin regelt die Fettverteilung

Daher ist es wichtig, seinen Körperfettanteil möglichst niedrig zu halten. „Ich schütte bei höherem Körperfettanteil mehr Adipokine aus, was nicht unbedingt vorteilhaft ist“, so Prof. Bloch. „Die haben auch ihre Aufgaben im Körper, sind aber eher negativ als positiv belegt.“

Dementsprechend logisch ist es auch, dass wir ohne Muskelmasse auch nicht so viele dieser Botenstoffe bilden können. Besonders unter Belastung können mit der entsprechenden Muskulatur auch mehr Myokine bilden.

In Sachen Gewichtsregulierung ist besonders das Myokin Irizin eine echte Wunderwaffe. Prof. Bloch: „Irizin hat im Körper noch sehr viel mehr Aufgaben. Ausgelöst durch Belastung kann der Muskel Irizin ausschütten. Dabei kommuniziert er mit dem Fettgewebe und reguliert auch die Freisetzung von Fett aus dem Fettgewebe.“ Das reduziert selbstverständlich die Fettmasse.

Prof. Bloch: „Irizin ist im Wesentlichen schon einmal als stoffwechselregulierendes Myokin belegt.“ Ähnlich verhält es sich mit TNF-Alpha. Es wird ausgeschüttet und reguliert im Prinzip unser Immunsystem und Entzündungsprozesse. Prof. Bloch: „Zunächst einmal aber treibt TNF-Alpha Entzündungen und wird nach einer Belastung kurzzeitig hochgefahren. Aber das ist nur eine kurze Spitze. Der Muskel schüttet TNF-Alpha aus, treibt das Immunsystem, das sich dann aber nach der Stimulation auch wieder selbst nach unten reguliert.“ Die Stimulierungen durch das Training sind in der Regel immer nur kurzzeitig. Dann stellt sich das System auf die neue Stellgröße ein.

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Muskeltraining hat präventiven Charakter auf Tumorerkrankungen

Dennoch bringt uns dies zu einem sehr wichtigen Punkt: Entzündungen im Körper gelten gemeinhin als Krebstreiber. Wenn sich Krafttraining so positiv auf die Myokine auswirkt, die wiederum eine entzündungshemmende Funktion haben, hat dies dann auch eine krebshemmende Wirkung?

Prof. Bloch: „Muskeltraining hat einen präventiven Charakter, was die Entstehung von Tumoren, aber auch das Wiederaufflammen von Tumoren angeht. Auch ein Patient, der krebsfrei ist, kann wieder rückfällig werden. Mit entsprechendem Krafttraining kann das Risiko jedoch gesenkt werden.“

Natürlich bestehen die Muskeln nicht nur aus den Myokinen TNF-Alpha und Irizin, sondern aus Hunderten Botenstoffen. Prof. Bloch: „Diese stellen das Immunsystem gegenüber Tumorzellen besser auf. Man kann also sagen, dass es präventiv gegenüber Tumorzellen ist. Das hängt natürlich auch vom Tumor ab. Aber man kann von einem 20 bis 40 Prozent geringeren Tumorrisiko ausgehen.“ Wenn das keine Motivation für den Besuch im Gym ist, dann wissen wir es auch nicht.

Aber allein mit Krafttraining ist es natürlich nicht getan. „Es ist extrem wichtig, aber man muss es schon kombinieren. Man benötigt eine gewisse Zeit der Muskelaktivierung, damit die Faktoren auch entsprechend ausgeschüttet werden“, so Prof. Bloch.

Der Muskel ist ein großes Stoffwechselorgan

Die Message ist aber dennoch: Willst du gesund bleiben, dann beweg dich! Es ist wichtig, dass die entsprechenden körperlichen Voraussetzungen geschaffen werden, weshalb beispielsweise an der Deutschen Sporthochschule auch verstärkt das Element Krafttraining in die Trainingskonzepte integriert wurde.

Die Menschen brauchen einen gewissen Muskelaufbau. Nicht unbedingt Muskelberge. Es gilt: Fettgewebe runter, Muskelgewebe rauf. Prof. Bloch: „Der Muskel ist im Prinzip ein großes Stoffwechselorgan. Damit kann man Stoffwechselprozesse regulieren. Das ist gerade im Hinblick auf die ganzen metabolischen Erkrankungen von hoher Bedeutung.“

Hinzu kommt, dass der Muskel ein großes endokrines Organ ist, „das im Prinzip Faktoren ausschüttet, die letztendlich mit allen anderen Organgeweben des Körpers kommunizieren – einschließlich dem Gehirn“, so Prof. Bloch. „Wenn ich eine Tumorerkrankung habe, kommuniziert der Muskel auch mit dem Tumor über solche Botenstoffe.“ Doch auch umgekehrt funktioniert die Kommunikation. Prof. Bloch: „Die Tumorzelle befiehlt dem Muskel: Gib mal ein bisschen Masse frei, ich brauch Energie.“ So entsteht dann der Muskelabbau.“

Ernährung wird mit zunehmendem Alter immer wichtiger

Gerade deshalb ist auch bei diesen Erkrankungen wichtig, mit entsprechenden Gegenmaßnahmen an der Muskulatur zu arbeiten. Prof. Bloch: „Daher ist es auch mit zunehmendem Alter immer wichtiger, auf die Ernährung zu achten. Die kleinen Sünden werden vom Körper immer schwerer verziehen.“ Das hat dann auch Einfluss auf die Myokin-Produktion.

Natürlich kann man das auch hier nicht unbedingt alles pauschalisieren. Viel hängt vom Verbrauch ab, womit wir wieder den Muskel als Stoffwechselorgan betrachten können. Prof. Bloch: „Im Alter baut der Muskel mehr und mehr energieschonende Fasern auf. Das heißt: Diese Veränderungen im Bereich der Muskelfaserzusammensetzung reduziert im Prinzip den Energieverbrauch. Diese Reduktion verzeiht nicht mehr so schnell irgendwelche ‚Fressfehler‘. Man muss mehr auf seine Ernährung achten.“

Denn, und darauf weist der Experte nur zu gerne hin, wir müssen unser gesamtes Leben nicht nur mit den Muskeln arbeiten, sondern auch an den Muskeln. Von daher ist Krafttraining keine Frage des Alters – auch wenn die Anforderungen an einen Teenager andere sind, als an einen Menschen im fortgeschrittenen Alter.

Myokine übernehmen beim Krafttraining eine nicht zu unterschätzende Rolle. Durch das Krafttraining stärken wir unsere Muskulatur und dadurch auch eben diese Botenstoffe. Die Folge: Körperliche, aber auch geistige Fitness. Wir lernen einmal mehr, dass unser Körper eine hochkomplexe Maschine ist. Wer keinen Spaß am Krafttraining hat, sollte dennoch in jedem Fall Mittel und Wege finden, seine Muskeln zu fordern. Noch mal: Willst du gesund bleiben, dann beweg dich!

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