Vegane Burger sind voll im Trend. Aber sind sie auch gut?
12. Dezember 2022
von PIERRE SCHOBER

Ein Steak braucht keine Stabilisatoren

TV-Sendung hinterfragt Vegan-Industrie

„Mann, is das ’ne Wurst!“ Vegane Fleischersatzprodukte überschwemmen gerade den Markt. Doch ihr Ruf ist nicht sonderlich gut. Die ARD-Sendung „Report“ hat den Vegan-Boom einmal kritisch hinterfragt.

Geldmacherei, schlecht im Geschmack, versteckte Öko-Bomben – die Vorurteile gegen vegane Fleischersatzprodukte sind so vielfältig wie (inzwischen) das Angebot im Supermarkt.

Fakt ist: Unsere Gesellschaft muss den Fleischkonsum drastisch reduzieren, damit nachfolgende Generationen noch etwas von unserer Erde haben. Sind aber vegane Alternativen geeignet, unser Konsumverhalten zu verbessern? Die Antwort darauf geht weit über die „Grundsatzfrage“ heraus, ob unser Planet noch zu retten ist, wenn wir weiter Fleisch essen.

Zu viel Fläche wird für die Produktion von Fleisch und Milchprodukten verwendet

Für den „vegetarian Butcher“ Jaap Korteweg (60) eine simple Rechnung. Ginge es nach ihm, könnte man die Produktion von Fleisch- und Milchwaren komplett einstellen.

Korteweg zu „Report“: „Wir nutzen heute 80 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche für die Produktion von Milch und Fleisch, während diese Produkte aber nur 20 Prozent Kalorienaufnahme ausmachen. In dem Moment, wo wir die Tierproduktion komplett beenden, können wir also die Hälfte der Landwirtschaftsfläche der Natur zurückgeben und auf der anderen Hälfte exzessiv biologisch produzieren.“

In der Theorie hört sich das zunächst ganz simpel und logisch an. Doch auch vegane Produkte stehen in dem Ruf, nicht gerade besonders „öko“ zu sein. Das bemängeln auch einige US-Wissenschaftler. Aus deren Sicht sind die Öko-Bilanzen vieler veganer Produkte unvollständig und würden ebenfalls Monokulturen fördern.

Weg von der Massenproduktion, zurück zur kleinbäuerlichen Landwirtschaft

Das Problem: Die Vegan-Industrie ist ebenfalls zu kapitalfokussiert. Daher fordern die Wissenschaftler, dass man grundsätzlich von der industriellen Massenproduktion wieder hin zur kleinbäuerlichen Landwirtschaft und regionaler Vermarktung übergeht. „Back to the roots“ als Lösung für das globale Ernährungsproblem?

Eine sehr romantische Idee, wenn man bedenkt, dass allein in Deutschland regional ein Rückgang der Landwirte von teilweise 70 Prozent zu verzeichnen ist. Landwirtschaft ist trotz der jüngeren Bestrebungen der Politik für viele kaum noch lohnenswert. Idealismus können sich nur die wenigsten Landwirte erlauben.

Vegan ist kein Trend

Dennoch wird sich das Rad nicht mehr zurückdrehen. Veggie-Visionär Godo Röben sieht in der veganen Ernährung nicht einfach nur einen Trend. Anders als es in den 90er-Jahren mit der Light-Welle war, die nach knapp zehn Jahren wieder abebbte. Röben weiß, wovon er spricht. Beim Branchen-Riesen „Rügenwalder“ rief er seinerzeit die vegane Produktschiene ins Leben – mit einem gigantischen Erfolg. Inzwischen verkauft das Unternehmen mehr vegetarische als Fleischprodukte (2022). Für ihn ist klar: In der Gesellschaft findet ein nachhaltiger Wandel in der Ernährung statt.

Muss ich mich aber nun als Fleischesser automatisch schlecht fühlen? Die Landwirtschaft wirft der Vegan-Industrie vor, mit dem schlechten Gewissen der Fleischesser zu spielen. Isst du vegan, dann ist das besser für die Umwelt, das Tierwohl, aber natürlich auch für deine Gesundheit. Oder soll damit der wirtschaftliche Aspekt verborgen werden, der sich hinter veganen Produkten verbirgt?

Vegan als Investment

Die Gewinnspanne in der Herstellung veganer Produkte ist immens. Das wissen auch Investoren. Investments in die Vegan-Produktion boomen. Hollywood-Star Leonardo DiCaprio (48) hat in vegane Burger-Patties Geld gesteckt. Weil er ein Wohltäter ist oder weil mit seinem Namen dahinter der Profit für das Produkt steigt? Ohne ihn vorverurteilen zu wollen, kommen Zweifel auf. Und zwar aus drei Gründen.

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Da sind zunächst die Lebensmittelregulierungen in Europa. Vegan-Investoren fordern hier eine Lockerung – und zwar hin zu genveränderten Produkten. Hier stellen sich drei Fragen:

– Wird dies gefordert, um den Konsumenten mehr Auswahl zu ermöglichen oder um den Profit zu steigern?
– Wie gesund ist genmanipulierte Nahrung?
– Wollen wir wirklich noch mehr Gentechnik in unserer Nahrung?

Fakt ist, dass wir aufgrund der stetig wachsenden Weltbevölkerung an einen Punkt kommen, wo dies alternativlos werden könnte.

Produzenten haben den Fleischpreis in den Keller getrieben

Ein weiterer Punkt ist, dass es oftmals genau die Produzenten wie etwa „Rügenwalder“ sind, die den Fleischpreis über die Jahrzehnte durch die Massenproduktion kontinuierlich nach unten getrieben haben und nun mit veganen Ersatzprodukten fette Gewinne einstreichen. Das schürt Mistrauen bei den Verbrauchern.

Der dritte Grund sind die vielen künstlichen Helferlein, die uns am Ende einen Fleischkonsum (inklusive „Blut“) vorgaukeln wollen. Viele Menschen, nicht nur Biofleisch-Bauern, fragen sich da: Wenn es so viele künstliche und technische Prozesse Bedarf, einen Fleischgenuss zu erzeugen, warum soll man dann überhaupt ein natürliches Produkt ersetzen?

Lebensmittelforscher geben frank und frei zu: Vegane Ersatzprodukte brauchen einen intensiveren Geschmack, als das Original, um den Endverbraucher zu überzeugen. Das gilt für vegane Würstchen genauso, wie für künstliche Chicken-Nuggets.

Ein Steak braucht keine Stabilisatoren

Hier sind die Unterschiede zwischen Vegan und Wurst marginal. So sagt Dr. Malte Rubach in der gleichen „Report“-Sendung: „Was die Verarbeitungsstufe betrifft, unterscheiden sich die veganen Erzeugnisse nicht sonderlich von den Erzeugnissen aus der Wursttheke. Einfach weil bei verarbeiteten Produkten immer mit Zusatzstoffen gearbeitet wird.“

Das heißt, man braucht Stabilisatoren, Konservierungsmittel, Gewürze oder Salz. Rubach: „Das brauche ich bei einem natürlichen Produkt – wie einem Steak oder Kotelett – nicht. Das macht die Ersatzprodukte nicht ungesünder, aber auch nicht gesünder.“

Der Experte rät zu einer ausgewogenen Ernährung. Rubach: „Man sollte darauf achten, möglichst viele frische Lebensmittel zu sich zu nehmen. Das funktioniert besser, wenn die Bohne oder Erbse so isst.“ Das heißt: Nicht als Fleisch-Ersatzprodukt.

Bewusster Konsum, nicht nur beim Fleisch

Der Verbraucher muss sich also entscheiden. Vegane Ersatzprodukte, Bio-Fleisch oder das Kilo Nackensteak für 4,99 Euro. Die Herausforderungen an die Landwirtschaft, aber auch die Verantwortung der (großen) Lebensmittelhersteller wird nicht weniger.

Für viele Konsumenten sind vegane Ersatzprodukte nicht finanzierbar, genau wie hochwertige Fleischwaren. Was bleibt? Die Antwort liegt auf dem Grabbel-Tisch der Discounter. Dabei ist unsere Nahrung unser Elixier. Ohne das neueste iPhone können wir leben, aber auch ohne Nahrung? Oftmals ist gesunde Ernährung – hört sich sehr elitär und klugscheißerisch an – auch eine Frage der Prioritäten.

Der Trend in unserer Gesellschaft muss zu einer bewussteren Ernährung hingehen. Das heißt nicht, dass sich jeder vegetarisch oder vegan ernähren muss. Aber der Fleischkonsum muss definitiv reduziert werden. Auch „Nose to Tail“ muss wieder mehr in den Blickpunkt rücken. Ein Tier besteht nicht nur auf Schnitzel und Filet. Bewusster Fleischkonsum ist das Stichwort.

Den gesamten Bericht könnt ihr hier sehen.

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