Studie warnt
Wer nachsalzt, stirbt bis zu 2 Jahre früher
Wenn das Essen fad schmeckt, hilft eine kräftige Prise Salz – gibt ja schließlich auch einen ordentlichen Pump. Doch jetzt belegt eine Studie, dass Nachsalzen die Lebenszeit verkürzt. Was bedeutet das für deine tägliche Ernährung?
- Häufiges Nachsalzen erhöht die Gesamtmortalität und verringert die Lebenserwartung um 1,5 bis 2,28 Jahre.
- Ein hoher Konsum von Obst und Gemüse kann die negativen Auswirkungen auf deine Gesundheit zu einem gewissen Maße abmildern, da Kalium der Gegenspieler von Natrium ist.
- Eine reduzierte Gesamtzufuhr von Salz bleibt dennoch umstritten, weil es auch gesundheitliche Vorteile hat – maximal sechs Gramm pro Tag sind in Ordnung.
Nachsalzen verkürzt Lebenszeit um 28 Prozent
Eine im European Heart Journal veröffentlichte Studie deutet darauf hin, dass häufiges Nachsalzen mit einem höheren Risiko einer vorzeitigen Sterblichkeit an allen Todesursachen und einer geringeren Lebenserwartung verbunden ist. Und das unabhängig von Ernährung, Lebensstil, sozioökonomischem Niveau und Vorerkrankungen. Für 50-jährige Frauen bedeutet das konkret eine 1,5 Jahre kürzere Lebenszeit und für Männer im selben Alter 2,28 Jahre. Im Vergleich zu Personen, die am Tisch nur selten zum Salzstreuer greifen, sei das Risiko des vorzeitigen Todes für Salz-Liebhaberinnen und -Liebhaber demzufolge um 28 Prozent höher.
Beachte: Es wurde lediglich die nachträgliche Zugabe von Salz zu Speisen betrachtet und nicht das Hinzufügen beim Kochvorgang selbst. In der Studie heißt es, dass die Häufigkeit des Nachsalzens die langfristige Salz-Präferenz widerspiegle und nicht von den großen täglichen Schwankungen der gesamten Natriumaufnahme beeinflusst werde.
Zurückzuführen seien die Studienergebnisse teilweise auf kardiovaskuläre Erkrankungen und krebsspezifische Sterblichkeit. In der Vergangenheit hätten bereits Beweise aus experimentellen und epidemiologischen Studien gezeigt, dass eine ausgesprochen hohe Natrium-Aufnahme mit Leber-, Lungen-, Magen- und Nierenzellkrebs in Zusammenhang steht. Das habe laut den Forschenden rund um Studienleiter Professor Lu Qi von der Tulane University School of Public Health and Tropical Medicine (New Orleans, USA) diverse Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit.
Auswirkungen auf deine Essgewohnheiten
Lu Qi zufolge sei jene Studie die erste ihrer Art, welche den Zusammenhang zwischen der nachträglichen Beigabe von Salz zu Lebensmitteln nach dem Kochen und dem vorzeitigen Tod untersucht. Aus den Ergebnissen könne man Empfehlungen für die Veränderung von Essgewohnheiten ableiten. So macht er deutlich: „Selbst eine geringfügige Reduzierung der Natriumaufnahme durch Zugabe von weniger oder keinem Salz zu den Speisen am Tisch, führt wahrscheinlich zu erheblichen gesundheitlichen Vorteilen – insbesondere, wenn sie in der Allgemeinbevölkerung erreicht wird.“
Ebenfalls von Vorteil: ein hoher Konsum von Obst und Gemüse. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass dieser die negativen Auswirkungen des Nachsalzens abmildern könnte. Bei Menschen, welche die allerhöchsten Mengen davon aßen, war das Risiko für den vorzeitigen Tod tendenziell geringer und die Lebenserwartung vergleichsweise hoch. Dennoch wird darauf hingewiesen, dass diese Feststellung statistisch nicht signifikant sei. Obst und Gemüse beeinflussen das Risiko eines verfrühten Lebensendes positiv, weil es sich dabei um wichtige Kalium-Quellen handelt. Dem Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Nicolai Worm zufolge, sei Kalium quasi der Gegenspieler von Salz. Es wirke blutdrucksenkend und werde von Deutschen unterschätzt. Sie würden reichlich zu Getreide- und Convenience-Produkten greifen. Diese weisen einen hohen Salzgehalt auf und enthalten meist nur geringe Mengen Kalium.
Okay, Nachsalzen verkürzt die Lebenszeit. Aber solltest du jetzt nur noch haufenweise Gemüse beziehungsweise Obst essen und gar nicht mehr zum Salzstreuer greifen?
Reduzierte Salzaufnahme bleibt umstritten
Lu Qi: „Da unsere Studie die erste ist, die einen Zusammenhang zwischen der Zugabe von Salz zu Lebensmitteln und der Sterblichkeit aufzeigt, sind weitere Studien erforderlich, um die Ergebnisse zu validieren, bevor Empfehlungen abgegeben werden.“
In einem Leitartikel zur Studie heißt es darüber hinaus, dass der Nettoeffekt einer drastisch reduzierten Salzaufnahme umstritten bleibt. Eine leitende Forscherin und Professorin für Medizin an der Sahlgrenska-Akademie der Universität Göteborg (Schweden), welche nicht an der Forschung beteiligt war, verweist auf eine klare Differenzierung. Laut Prof. Annika Rosengren müsse zwischen Empfehlungen auf individueller Basis und Maßnahmen auf Bevölkerungsebene unterschieden werden. Grund dafür seien verschiedene Hinweise darauf, dass eine sehr geringe Natriumaufnahme möglicherweise nicht vorteilhaft oder sogar schädlich für die Gesundheit sein könnte.
Was Rosengren damit deutlich hervorhebt, ist die Gratwanderung zwischen zu wenig und zu viel Salz in der Ernährung. Ein Übermaß soll das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (insbesondere Bluthochdruck) emporschnellen lassen. Ein Salzmangel hingegen kann beispielweise Nervenstörungen und Stürze forcieren, da unser Wasser- und Elektrolythaushalt vom „weißen Gold“ abhängig ist. Dennoch kommt die Professorin zu dem Schluss: „Es ist unwahrscheinlich, dass der Verzicht aufs Nachsalzen schädlich ist. Er könnte vielmehr dazu beitragen, den Blutdruck der Bevölkerung zu senken.“
Ergo: Verzichte nicht komplett auf Salz, aber lass den Streuer auf dem Tisch auch mal stehen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine maximale Gesamtzufuhr von sechs Gramm pro Tag, was etwa einem Teelöffel entspricht. Das inkludiert nicht nur das Nachsalzen, sondern auch den Konsum von Lebensmitteln, die bereits Salz enthalten.
Details und Einschränkungen der Studie
Um zu dem Ergebnis zu kommen, dass Nachsalzen die Lebenszeit verkürzt, wurden im Rahmen der prospektiven Studie die Daten von insgesamt 501.379 Teilnehmenden der UK Biobank ausgewertet. Die Informationen über die Häufigkeit des Nachsalzens (ausgenommen die Zugabe von Salz beim Kochen) wurden zu Beginn der Studie mittels Fragebogen erhoben. Während einer medianen Nachbeobachtungszeit von 9,0 Jahren wurden 18.474 vorzeitige Todesfälle dokumentiert.
Eine Stärke der Studie liegt definitiv in ihrem großen Umfang. Nichtsdestotrotz gibt es ein paar Einschränkungen:
1. Es konnte nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass das Nachsalzen ein Indikator für einen ungesunden Lebensstil oder ein niedrigeres sozioökonomisches Niveau ist. Die Analyse der Untergruppen ergab allerdings, dass die positive Assoziation zwischen der Häufigkeit des Nachsalzens und der Sterblichkeit über die Lebensstilfaktoren und das sozioökonomische Niveau hinweg gleichbleibend war.
2. Die Häufigkeit der nachträglichen Salz-Zugabe konnte keine Aussagen über die Gesamtnatriumaufnahme machen. Doch die Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der Häufigkeit der Zugabe von Salz zu Lebensmitteln und den Konzentrationen von objektiv gemessenem Natrium im Urin, lässt vermuten, dass jene die Salz-Präferenzen widerspiegelt.
Gut zu wissen: Unter Dosis-Wirkungs-Beziehung versteht man den funktionalen Zusammenhang zwischen der Dosis eines Stoffs und der daraus resultierenden Wirkung.
3. Das Nachsalzen könnte mit der Gesamtenergiezufuhr und anderen Aspekten der Ernährung zusammenhängen.
4. Die Daten der UK Biobank repräsentieren aufgrund der freiwilligen Teilnahme nicht die allgemeine Bevölkerung. Deshalb wird deutlich gemacht, dass weitere Studien erforderlich seien, um die Ergebnisse zu bestätigen. Insbesondere solche in Populationen, die stellvertretender sind als die britische Bevölkerung.
Fazit: Nachsalzen verkürzt die Lebenszeit – so eine aktuelle Studie. Den Forschenden zufolge ist das Risiko eines vorzeitigen Todes für Salz-Liebhaberinnen und -Liebhaber um 28 Prozent höher. Das liegt vermutlich an kardiovaskulären Erkrankungen und krebsspezifischer Sterblichkeit. Die Studie weist überdies auf die Wichtigkeit eines hohen Gemüse- und Obst-Verzehrs hin, weil Kalium die negativen Auswirkungen eines hohen Salz-Konsums abschwächen kann. Ungeachtet dessen, solltest du das „weiße Gold“ nicht per se verteufeln. Salz ist unter anderem elementar für deinen Wasser- und Elektrolythaushalt. Schlussendlich kommt es darauf an, dass du es in Maßen (maximal sechs Gramm pro Tag) und im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung zu dir nimmst. Für Personen mit Bluthochdruck jedoch, würde sein übermäßiger Verzehr Salz in die Wunde streuen.