Supplementieren ist mehr als nur ein Shake. Mit der richtigen Amino-Kombination kitzelst du noch mehr aus deinem Training heraus
9. November 2022
von PIERRE SCHOBER

Bausteine des Lebens

Das solltest du über Aminosäuren wissen

Ohne Eiweiß keine Muskeln. Aminosäuren sind die wichtigsten Bausteine des menschlichen Proteins. Viele wissen vielleicht noch, dass man sie in essenzielle und nicht essenzielle aufteilt. Aber dann? Wir tauchen für euch mal etwas tiefer in die Thematik ein.

♦ Essenzielle Aminosäuren können vom Körper nicht selbst gebildet werden, sondern müssen über die Nahrung aufgenommen werden
♦ Der Bedarf der Aminosäuren richtet sich nach verschiedenen Faktoren, u.a. deinem Fitness-Level
♦ Wichtig ist der Leucin-Spiegel im Körper. Ist der zu niedrig, dann klappt es nicht mit dem effizienten Muskelaufbau

Der Erfolg deines Trainings steht und fällt mit der Ernährung. Das ist nicht neu, das ist nicht innovativ, das ist Basic-Wissen. Um die Waage zu entlasten, brauchst du ein Kaloriendefizit, um Muskeln aufzubauen einen moderaten Kalorienüberschuss. So viel zum Thema „Schwarz/Weiß“. Nun widmen wir uns den „Grau-Tönen“ der Proteinaufnahme, genauer gesagt den Aminosäuren.

Proteine, Kohlenhydrate und Fett sind die wichtigsten Quellen für deinen Körper. Dabei nehmen besonders die Proteine beim Muskelaufbau die Hauptrolle ein. Protein bzw. Eiweiß ist aus verschiedenen essenziellen und nicht essenziellen Aminosäuren aufgebaut. Diese bestehen nun wieder aus verschiedenen Elementen, die wir alle einmal im Chemie-Unterricht kennengelernt haben sollten. Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und in manchen Fällen Schwefel sind da zu nennen.

Dr. Mark Warnecke, Ernährungsmediziner und Ex-Schwimmweltmeister: „Wichtig ist zu wissen, dass wir zwar Speicher für Kohlenhydrate und Fette haben, aber nicht für Proteine. Bei einem Proteindefizit muss der Körper auf Muskulatur oder auch Bindegewebe zurückgreifen. Allein im Bindegewebe befindet sich 30 % unseres Gesamtproteins im Körper. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass man bei Fehlernährung und zum Beispiel auch zu viel Sport diese Struktur ausdünnt und Verletzungen an Bändern und Sehnen (das ist kollagenes Gewebe) entstehen.“

Was sind essenzielle Aminosäuren?

Essenzielle Aminosäuren sind für den Körper extrem wichtig. Sagt ja auch schon der Name. Diese können vom Körper nicht selbst hergestellt werden. Daher müssen wir diese über die Nahrung aufnehmen. Machst du nun ambitioniert Sport, dann steigert sich der Bedarf schnell mal um das Dreifache. Daher müsst ihr bei der Zusammenstellung eurer Nahrung auf folgende Inhalte achten:

– Leucin: Das ist in Lebensmitteln wie Mais, Walnüssen und Hafer(flocken) enthalten. Drei bis vier Gramm pro Mahlzeit sind perfekt. Nachsupplementieren ist easy.
– Isoleucin: Diese Aminosäure reguliert unter anderem den Blutzuckerhaushalt. Es kommt besonders in Fleisch, Fleischprodukten, Fisch oder Meeresfrüchten vor. Aber auch Milchprodukte, Eier sowie Hülsenfrüchte (Erbsen, Linsen, Bohnen, Mais) und auch Nüsse sind voll davon.
– Valin: Mit Valin wird die Insulinausschüttung angeregt. Dabei wird aber auch nicht nur der Blutzucker im Körper reguliert, sondern zudem für eine effiziente Aufnahme aller Aminosäuren in der Muskulatur und Leber gesorgt. Es kommt in allen proteinhaltigen Lebensmitteln vor und du brauchst circa zwei Gramm täglich.
– Phenylalanin: Diese Aminosäure wirkt stimmungsaufhellend. Umso wichtiger, dass wir ausreichend davon aufnehmen (450 bis 1000 mg). Es kann problemlos über die Nahrung (Fleisch, Fisch, Gemüse) aufgenommen werden.
– Methionin: Diese Aminosäure wird in ihrer Funktion im Körper oft unterschätzt. Es erhöht den pH-Wert des Urins und behindert die Ansiedlung von Bakterien in der Harnblase. Es ist vor allem in grünem Blattgemüse sowie Brokkoli, Paranüssen, Sesam und Sojabohnen enthalten.
– Threonin: Damit du und deine Muskeln stark und elastisch bleiben, benötigst du Threonin. Das gilt übrigens auch für einen nicht ganz unwichtigen Muskel im Körper: dein Herz. Fisch, Fleisch, Käse (Gouda) und Erdnüsse sind die krassesten Threonin-Lieferanten für den Körper. Mit zunehmendem Alter sinkt der Bedarf von 14 mg auf sieben mg pro Kilogramm Körpergewicht.
– Tryptophan: Auch Tryptophan hat einen Einfluss auf unsere Stimmung. Es ist eine Vorstufe des Neurotransmitters Serotonin. Darüber hinaus wird diese Aminosäure benötigt, um Melatonin und Niacin zu bilden. Der Bedarf beträgt circa fünf mg pro Kilogramm Körpergewicht.
– Lysin: Lysin sorgt für die Bildung von Enzymen, Hormonen und Antikörpern. Es ist außerdem wichtig für das Knochenwachstum sowie die Zellteilung und Wundheilung.
– Histidin: Dies ist eine eher semi-essenzielle Aminosäure. Es wird oftmals in Histamin umgewandelt und ist wichtig für den „Nervenschutz“. Es ist in Fleisch (besonders rotem), Fisch, Milch, Hartkäse sowie Bohnen und Linsen enthalten.

Unter nicht-essenziellen Aminosäuren versteht man die, die der Körper selbst herstellen kann. Wie viel du davon benötigst, hängt allerdings davon ab, wie du dich ernährst.

Auch hier wird es im Detail wieder interessant. Neu eingeführt wurde die Gruppe der semi-essenziellen Aminosäuren. Man musste dies machen, weil diese Aminosäuren unter bestimmten Umständen nicht schnell genug vom Körper selbst produziert werden können, sie werden dann essenziell. Der wichtigste Vertreter dieser Gruppe und auch für Sportler eine sehr wichtige Aminosäure ist Arginin, gefolgt von Glutamin, Tyrosin und Asparigin, Cystein und Prolin. Prolin hat auch eine sehr wichtige Bedeutung im Aufbau des Bindegewebes.

Diese sind:
– Alanin
– Arginin
– Asparagin
– Cystein
– Glutamin
– Glutaminsäure
– Glycin
– Prolin
– Serin
– Tyrosin

Warnecke: „Aminosäuren verbinden sich im Körper zu verschieden langen Aminosäureketten, den sogenannten Proteinen. Der Körper bildet aus den vorhandenen Aminosäuren das, was er zum Beispiel zum Aufbau von Muskelgewebe braucht. Man kann es bildlich in etwa so vergleichen: Ein Zuckerwürfel ist das Protein, die einzelnen Zuckerkrümel, aus denen der Würfel besteht, sind die Aminosäuren.“

Bedarf richtet sich nach deinem Fitness-Level und -ziel

Besonders wenn du trainierst, ist die richtige Ernährung und speziell die Proteinzufuhr extrem wichtig. Bis zu einem gewissen Level bekommst du ausreichend Protein und damit auch Aminosäuren über die Nahrung. Geflügel, Fisch, Hülsenfrüchte sind voll von essenziellen und nicht-essenziellen Aminosäuren. Je intensiver und ambitionierter du allerdings trainierst, desto höher ist dein Bedarf.

Viele Sportler nehmen schon vor dem Training Aminosäuren in konzentrierter Form zu sich. Das sind in der Regel BCAA-Produkte. So schafft es dein Body problemlos, die Anforderungen des Trainings zu meistern und macht nicht schlapp. Mit der „normalen“ Ernährung bildest du das Fundament und mit den entsprechenden Fitness-Supplements garantierst du, dass dein Körper genug Protein hat.

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Dass Eiweiß wichtig für den Körper ist, weiß jeder. Doch wie viel braucht unser Körper eigentlich?

Warnecke: „In den BCAAs ist vor allem das Leucin der anabole Treiber, der dich nicht nur besser durchhalten lässt, sondern auch das Muskelwachstum schon im Training unterstützt. Glutamin ist die am meisten vorkommende Aminosäure im Skelettmuskel, sie ist für diesen extrem wichtig zur Energieversorgung und zum Muskelerhalt bzw. Muskelaufbau.“

Dein Bedarf orientiert sich dabei ein wenig an deinem Trainingslevel und deiner Zielsetzung. Mehr als zwei Gramm pro Kilogramm Körpergewicht sind langfristig allerdings unnötig. Alles darüber ist nur kurzfristig sinnvoll, da zu viel Protein nicht mehr vom Body verarbeitet wird. Dein Körper ist nämlich ziemlich smart und arbeitet für gewöhnlich effizient. Das heißt, dass er nur so viel nimmt, wie er auch wirklich braucht.

Zu viel Eiweiß wird nicht vom Körper eingespeichert

Alles, was der Körper nicht braucht, wird ausgeschieden. Das unterscheidet Eiweiß von Kohlenhydraten oder Fett. Viele von uns wissen, dass dies gern im Körper an den unmöglichsten Stellen abgespeichert wird. Dennoch müssen Sportler auf die richtige Proteinzufuhr achten. Besonders diese mit dem Ziel Muskelaufbau. Hat dein Körper nicht genügend „Baustoff“ (Protein/Aminosäuren) greift er sogar deine Muskulatur an, um seinen Bedarf zu stillen. Der sportliche Super-Gau.

Wer sich nun direkt einen proteinreichen Diätplan zurechtlegt, macht den ersten Schritt richtig, muss aber auch den zweiten Schritt machen. Hier geht es darum, die essenziellen Aminosäuren im Blick zu haben. Sieben Tage Hühnchen-Brokkoli-Reis reichen nicht. Wichtig für deinen Körper ist es, dass du pflanzliche und tierische Proteine miteinander kombinierst. Am Ende des Tages sind nämlich alle essenziellen Aminosäuren für den Körper gleich wichtig.

Warnecke: „Im Alter und bei sportlicher Betätigung wird der Proteinbedarf häufig unterschätzt. Eine neuere Studie testete eine Wheyproteinsubstitution mit 20 und 40g nach dem Training und dabei ist herausgekommen, dass tatsächlich mehr auch mehr bringt. Nebenwirkungen durch zu hohen Eiweißkonsum sind erst bei wirklich hohen Mengen zu erwarten, die ein normaler Mensch nicht freiwillig zuführen würde.“

BCAAs glänzen durch ihr Teamwork

Vor allem bei Sportlern geht es immer wieder um BCAA. Es handelt sich um die sogenannten verzweigkettigen Aminosäuren Leucin, Iso-Leucin und Valin. Leucin reguliert etwa die Translation, die Bestandteil der Proteinsynthese ist, also der Neubildung von Protein in den Zellen. Es ist die anabole Aminosäure schlechthin. Ist der Leucinspiegel zu niedrig, dann ist Essig mit dem effizienten Muskelaufbau. Es passiert einfach nichts mehr. Man kann sich das wie beim Domino vorstellen, wo ein Stein einfach stehen bleibt.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass bei den BCAAs auf das Teamwork ankommt. Quasi Angriff, Mittelfeld und Abwehr. Auch die anderen beiden Aminos übernehmen wichtige Tätigkeiten bei der Proteinsynthese. Das Verhältnis im Körper ist in etwa 2:1:1, wobei Leucin zwei Teile einnimmt. Viele Anbieter dosieren ihr Produkt im Verhältnis 8:1:1. Dies ist jedoch im besten Fall umstritten. Eine zu hohe Dosierung kann sogar hinderlich sein. Viel hängt am Ende auch eigenen Fitness-Level ab.

Im Rahmen einer kalorienreduzierten Diät kommt es zur Ketogenese. Damit versucht der Körper, die fehlende Energie zu kompensieren. Aminosäuren werden hier zu Ketonkörpern abgebaut. Das betrifft besonders Leucin und Lysin. Sie sind somit ein alternativer Energieträger für deinen Körper, wenn dieser nicht genügend Kohlenhydrate zur Verfügung hat.

Den Leucin-Spiegel hochzuhalten, ist dabei sinnvoll, denn die Insulin-Ausschüttung wird so besonders forciert. Stößt dein Körper viel Insulin aus, machst du ihn so besonders aufnahmebereit für Nährstoffe. So minderst du eine katabole Wirkung von Cortisol, einem Stresshormon.

Warnecke: „Möchtest du Muskelaufbau betreiben, kannst du die Insulinausschüttung mit Kohlenhydraten bzw. Zuckern selbst triggern. Insulin bring nicht nur den Zucker in die Zelle, sondern auch die Aminosäuren. Deshalb ist Insulin ein absolut anaboles Hormon, wenn gleichzeitig genügend Nährstoffe zur Verfügung stehen. Weight Gainer funktionieren nach diesem Prinzip.“

Fazit

Ernährung ist speziell in Kombination mit Training mehr als einfach nur essen. Warnecke: Wenn du nur Junkfood isst, wird sich auch eine Supplementation kaum auszahlen.“ Mit der richtigen Zusammensetzung kannst du aber sehr viel aus deinem Trainings herauskitzeln. Daher empfiehlt es sich sehr, besonders bei den Proteinen nichts dem Zufall zu überlassen, sondern sich Zeit zu nehmen, seine bisherigen Wege zu hinterfragen und gegebenenfalls zu optimieren. Es wird sich lohnen.

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