Tiefkühlpizza gut bewertet
Verbessert der Nutri-Score wirklich deine Ernährung?
Die Lebensmittel-Ampel auf Verpackungen hast du im Supermarkt-Regal bestimmt schon öfter gesehen – und dich insgeheim über ein grünes A gefreut. Aber weißt du auch, wie der sogenannte Nutri-Score berechnet wird? Wir verraten dir, warum so manche Tiefkühlpizza besser bewertet wird als Olivenöl und ob die Kennzeichnung deine Ernährung überhaupt verbessert.
- Der Nutri-Score kennzeichnet die Nährwertqualität und soll dir die gesündere Wahl zwischen Lebensmitteln aus einer Produktkategorie erleichtern
- Für das Gesamtergebnis des Nutri-Scores werden die positiven Bestandteile (Eiweiß, Ballaststoffe, Gemüse, Obst, Nüsse und ausgewählte Speiseöle) mit den negativen Komponenten (gesättigte Fettsäuren, Zucker, Natrium, hoher Kaloriengehalt) gegengerechnet
- Die Kennzeichnung kann dir zu einer gesünderen Ernährungsweise verhelfen, hat aber dennoch einige Macken – sie vernachlässigt beispielsweise Vitamine und Zusatzstoffe und ist bisher eine freiwillige Angabe
Die Bedeutung des Nutri-Scores
Der Nutri-Score bewertet Lebensmittel auf Basis ihrer Nährstoffverteilung pro 100 Gramm oder Milliliter. Er soll dazu dienen, die Nährwertqualität einzelner Produkte aus einer Gruppe (zum Beispiel Müsli) auf einen Blick vergleichen zu können – ohne die Zutatenliste und Nährwerttabelle studieren zu müssen. Das Ziel der Kennzeichnung ist es, dir eine gesündere Ernährungsweise zu erleichtern. So lautet ihr Werbeslogan „Einfach. Besser. Essen.“
Der Nutri-Score befindet sich auf den Verpackungsvorderseiten ausgewählter Produkte und wird mit den Buchstaben A bis E sowie den Ampelfarben dunkelgrün, hellgrün, gelb, orange und rot angegeben. Ein Produkt mit dunkelgrünem A ist aus ernährungsphysiologischer Sicht die beste Wahl. Das rote E steht für ein Lebensmittel, das über eine ungünstige Nährstoffverteilung verfügt. Aber wie kommen diese Bewertungen denn überhaupt zustande?
Berechnung des Nutri-Scores
Die Berechnung des Nutri-Scores erfolgt durch ein Punkte-System. Empfehlenswerte Komponenten erhalten Negativpunkte (ja, das klingt widersprüchlich): Eiweiß, Ballaststoffe, Gemüse, Obst, Nüsse und ausgewählte Speiseöle (Olive, Raps, Walnuss). Positivpunkte gibt es für weniger empfehlenswerte Eigenschaften und Bestandteile: Hoher Kaloriengehalt, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Natrium. Die jeweilige Höhe der Punkte richtet sich nach festen Tabellen.
Beide Bilanzen werden sodann miteinander verrechnet und führen zur Gesamtpunktzahl des Produkts – sie kann zwischen –15 und +40 liegen. Je negativer sie ist, umso positiver wirkt sich das Lebensmittel gewissermaßen auf deine Gesundheit aus. Die Berechnung des Nutri-Scores verwirrt dich? Hier ein Beispiel im Slider:
Gut zu wissen: Getränke werden anders berechnet als feste Lebensmittel. Die Berechnung des Nutri-Scores von Käse und Fetten erfolgt aufgrund der Zusammensetzung (hoher Calcium-Gehalt beziehungsweise gesättigte/ungesättigte Fettsäuren) ebenfalls anders.
Pflanzliche Öle mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren (zum Beispiel Walnuss- oder Rapsöl) bekommen beispielsweise einen besseren Nutri-Score als Butter – sie schmiert mit einem roten E ab. Wer sich bewusst ernährt, hätte das ahnen können. Was bringt der Nutri-Score also wirklich?
Wie sinnvoll ist der Nutri-Score?
Die Berücksichtigung des Nutri-Scores ist vor allem sinnvoll, wenn du dich bisher nicht mit Ernährung auseinandergesetzt hast. Sofern du nichts mit der Zutatenliste und den üblichen Nährwertangaben zur Makronährstoffverteilung anzufangen weißt, kann er dir durchaus weiterhelfen. Wie viel Gramm Zucker sind okay? Ab welchem Wert gilt ein Lebensmittel als hochkalorisch? Und sind acht Gramm Protein pro 100 Gramm eigentlich viel oder wenig? Der Nutri-Score berücksichtigt relevante Parameter und „übersetzt“ sie für dich auf eine intuitiv verständliche Weise.
Das Ding ist nur, dass du die Kennzeichnung auch richtig verwenden solltest, damit sie Aussagekraft hat. Der Nutri-Score vergleicht explizit Nahrungsmittel aus einer Produktgruppe. In einem Erklärungsvideo des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft heißt es wörtlich: „Was du nicht machen solltest: zum Beispiel einen Joghurt mit einer Pizza vergleichen.“
Der Nutri-Score ist also nur dazu da, um bei ähnlichen Lebensmitteln aus einer Kategorie das Produkt mit der günstigsten Nährwertqualität zu finden. Dieses Lebensmittel muss nicht per se empfehlenswert sein, aber eben immer noch besser als ein anderes vergleichbares. So kann es vorkommen, dass eine Spinat-Pizza ein hellgrünes B erhält, weil sie eben immer noch die bessere Wahl ist als die Quattro-Formaggi-Pizza (gelbes C). Wenn du das im Hinterkopf behältst, kann der Nutri-Score durchaus eine Hilfestellung sein. Trotz allem hat er auch seine Schwächen.
Kritik am Nutri-Score
Der Nutri-Score gerät häufig wegen der starken Vereinfachung in die Kritik. Olivenöl beispielsweise erhält zwar aufgrund seiner wertvollen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren einen Ausgleich, aber schneidet schlussendlich wegen seines hohen Kaloriengehalts und gesamten Fettanteils trotzdem mit einem mittelmäßigen C ab. Mit Cashewkernen verhält es sich genauso. Der Nutri-Score wird der Komplexität vieler Lebensmittel einfach nicht gerecht – da haben wir den Salat!
Viele positive Inhaltsstoffe wie zum Beispiel Vitamine und Mineralstoffe finden größtenteils keine Berücksichtigung, genauso wie unliebsame Bestandteile sprich Süßungsmittel, Konservierungsstoffe und andere künstliche Zusätze. Das heißt, Lebensmittelhersteller können den Nutri-Score ihres Produkts frisieren, indem sie beispielweise Zucker mit Süßstoff kompensieren – das macht es aber nur auf der Verpackung gesünder.
Ein weiterer Kritikpunkt: Die Angabe und Berechnung des Nutri-Scores ist freiwillig, denn mit dem gegenwärtigen EU-Recht ist eine Pflicht nicht vereinbar. Sofern sich ein Unternehmen für die Kennzeichnung entscheidet, verpflichtet es sich allerdings dazu, jedes einzelne seiner Lebensmittel damit zu markieren. Für Verbraucherinnen und Verbraucher kann es verwirrend sein, wenn Produkte der einen Marke mit der Ampel versehen sind und die einer anderen nicht. Für Verwirrung könnte außerdem sorgen, dass die Berechnung des Nutri-Scores anhand der Verpackung nicht nachvollziehbar ist.
Der Nutri-Score hat das Potenzial, dich an eine gesündere Ernährungsweise heranzuführen, wenn du ihn zum Vergleich von Lebensmitteln aus einer Produktkategorie heranziehst. Dennoch hat er seine Schwächen! Die Kennzeichnung wird der Komplexität vieler Lebensmittel nicht gerecht und eignet sich laut Stiftung Warentest vor allem für stark verarbeitete Produkte. Dein Köpfchen einzuschalten und dich mit ausgewogener Ernährung zu beschäftigen, ist und bleibt die beste Lösung. Die Lebensmittel-Ampel hilft dir anfangs beim Griff ins Supermarkt-Regal – grün heißt „Kann mitgehen“, rot heißt „Lass es stehen“!