Proteinpaket oder Hormonschleuder?
Bekommen Männer Brüste von Soja?
Kaum ein Thema wird so heftig diskutiert wie Soja. Während die einen von Vielseitigkeit, hohem Eiweißgehalt und guter biologischer Wertigkeit schwärmen, behaupten die anderen, Tofu und Co. würden Männern Brüste wachsen lassen. Wir verraten euch, was stimmt.
Ähnlich, aber nicht gleich
Wer die Kontroverse um Soja verstehen will, muss sich ein bisschen mit der Zusammensetzung beschäftigen. Soja enthält sogenannte Isoflavone, die zu den sekundären Pflanzenstoffen gehören. Sie werden auch als Phytoöstrogene bezeichnet, weil sie eine ähnliche chemische Struktur wie Östrogen haben. ABER eben nicht die gleiche. Daraus resultieren große Unterschiede in der Wirkung auf den menschlichen Körper.
Während Östrogen immer wie Östrogen im Körper wirksam ist, können Isoflavone je nach Gewebe ganz unterschiedliche Wirkungen haben, mal genau wie Östrogen, mal gegenteilig und mal haben sie gar keinen Einfluss. Gesundheitsschädlich sind sie dabei aber wohl nie, und so kam auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu dem Schluss, dass „die Aufnahme von Isoflavonen im Rahmen einer normalen Soja-Kost bei üblichen Verzehrsmengen […] als unbedenklich angesehen werden kann“. Also nichts dran an am Mythos um die wachsenden Männerbrüste?
Keine Angst vor wachsenden Männerbrüsten
Es soll mehr als 10.000 Studien zu Soja geben. Die Behauptung, dass Männern von Sojadrinks und Tofuwürstchen Brüste wachsen oder gar die Spermienzahl gravierend nachlässt, konnte aber noch keine belegen. Wenn man sich die Beweislage ansieht, dann gibt es keinen guten Grund zu denken, dass Soja irgendwie nicht sicher für Männer ist.
Fairerweise muss man sagen: Es wurden zwei Einzelfälle in der medizinischen Literatur beschrieben, bei denen der Konsum von Sojaprodukten den betroffenen Männern scheinbar nicht guttat. Beide Männer verzehrten allerdings täglich über lange Zeiträume riesige Mengen Sojaprodukte (einmal waren es jeden Tag fast 3 Liter Sojamilch, einmal rund 14 Portionen Sojaprodukte). Das klingt grundsätzlich nicht nachahmenswert. Spannend dabei: Eine andere Studie fand beim Konsum von sogar noch höheren Isoflavonmengen bei den meisten Männern keine Probleme.
Eine Reihe von Vorteilen
Sojaprodukte enthalten reichlich Eiweiß, so enthalten z. B. 100 g Tofu im Schnitt 16 g. Dieses Eiweiß hat eine hohe biologische Wertigkeit, das heißt, es liefert alle unentbehrlichen Aminosäuren in einem guten Verhältnis. Sojaprodukte enthalten zudem überwiegend einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Werden diese Lebensmittel anstelle von Produkten mit überwiegend gesättigten Fettsäuren wie Fleisch und Wurst verzehrt, wirkt sich das positiv auf den Blut-Cholesterinspiegel aus.
Sojaprotein führt zudem unabhängig davon zu einer leichten Senkung des LDL-Cholesterinspiegels. Beide Faktoren wirken sich günstig auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus. Epidemiologische Untersuchungen weisen zudem darauf hin, dass der Sojakonsum das Osteoporoserisiko reduziert und die Knochenmineraldichte positiv beeinflusst. Eventuell können Sojaprodukte sogar Wechseljahrsbeschwerden lindern und scheinen das Brust- und Prostatakrebsrisiko zu senken.
Fasst man das alles zusammen, sieht es ziemlich gut für Soja aus – das ist doch einen Versuch wert! Wer also keine Lust mehr auf die immer gleichen Proteinquellen hat, der kann seinen Speiseplan mit Sojaprodukten erweitern.
Weitere Informationen rund ums Thema „Ernährung“ findest du auf PETA.
Felicitas Kitali ist seit 2014 als Fachreferentin für Ernährung bei PETA Deutschland. Als Expertin für den Ernährungsbereich ist sie mit dem aktuellen Stand der Forschung vertraut und kann wissenschaftliche Studien erläutern und interpretieren. Auch zum veganen Kochen und Backen gibt die Ernährungswissenschaftlerin mit dem Fachgebiet Ernährungsmedizin gerne praktische Tipps oder stellt Rezepte zur Verfügung.